- Weitere Angebote:
- Filme BauNetz TV
- Produktsuche
- Videoreihe ARCHlab (Porträts)
04.04.2022
Straßenüberdeckelung von Structurelab
Zu aktuellen Planungen in Düsseldorf
Ob Opern-Neubau, Kunstakademie-Anbau oder Living Bridge – mit spektakulären Visualisierungen befeuern Architekten und Investoren immer wieder die Düsseldorfer Architekturdebatte. Beim Vorschlag vom Büro Structurelab für eine Straßenüberdeckelung in Düsseldorf-Oberkassel geht es nun endlich auch um nachhaltige Stadtentwicklung.
Von Klaus Englert
Der Projektentwickler Uwe Reppegather und seine Centrum-Gruppe stehen in Düsseldorf hinter etlichen visionären Großprojekten. Ganz offensichtlich will er der rheinischen Landeshauptstadt zu einer Art Bilbao-Effekt verhelfen. Es begann, nachdem Daniel Libeskind für den Investor Kurt Zech den Kö-Bogen 1 am Hofgarten fertiggestellt hatte und schließlich an der Stelle der abgerissenen Hochtrasse „Tausendfüßler“ und auf dem Gustaf-Gründgens-Platz der Kö-Bogen 2 errichtet werden sollte. Das Projekt, das Reppegather mit ingenhoven associates realisierte und das vor zwei Jahren fertig wurde, sorgte für reichlich Diskussionen.
Der Großinvestor hätte sich bestimmt nicht engagiert, wenn man mit dem Namen Ingenhoven nicht gut Geld verdienen könnte. Mit einem Stararchitekten in der Innenstadt kann man eigentlich nichts falsch machen. Und deswegen sprang Reppegathers Centrum-Group ein, als es im Spätsommer 2020 darum ging, südlich des Kö-Bogen 2 ein über 100 Meter hohes Hochhaus emporragen zu lassen, das Helmut Hentrichs Dreischeibenhaus in den Schatten gestellt hätte. Der Name Santiago Calatrava sollte für genügend Zustimmung sorgen. Nur der Hochhaus-Beirat war von Calatravas Stadtkrone nicht sonderlich angetan.
Doch Reppegather ließ sich nicht verdrießen. Vergangenes Jahr erinnerte er sich daran, dass an der Westseite des Hofgartens die Oper zur Disposition steht, und engagierte das Osloer Büro Snøhetta, das inmitten der Altstadt eine riesige zweigliedrige Turmskulptur hinzauberte. Auch um diesen wahrhaft spektakulären Entwurf ist es erstaunlich still geworden, seitdem sich die Stadtverwaltung um einen städtebaulichen Wettbewerb bemüht.
Das jüngste Projekt, das Reppegather beauftragt hat, legt nahe, dass es für eine Debatte um die Stadtentwicklung weder eines großen Namens noch einer Spektakelarchitektur bedarf. Der Entwurf des Düsseldorfer Büros Structurelab schlägt vor, die östliche Ein- und Ausfahrtsrampe des Rheinalleetunnels im linksrheinischen Oberkassel mit einer U-förmigen Stahlbetonkonstruktion zu überdeckeln und zu begrünen, um damit die „Wunden in der Stadt“ zu schließen. Wellenförmige Tonnengewölbe, deren selbsttragende Schalenkonstruktion mit verglasten Frontverläufen bis zu sieben Meter in die Höhe ragt, würden sich mit begrünten Dächern in die Rheinauen schmiegen und Cafés und Kunstzentren aufnehmen.
Offenbar denken die Architekten um Jürgen Schubert dabei an Niklaus Fritschis populäre Rheinuferpromenade entlang des rechtsrheinischen Altstadtufers von 1995, die nach Fertigstellung des Rheinufertunnels die Stadt endlich wieder an den Fluss rückte. Die Untertunnelung war der erste Erfolg im Zuge der Zurückdrängung von Friedrich Tamms’ modellhafter Implantierung der autogerechten Stadt.
Während der kürzlich lancierte Entwurf von RKW Architektur + für den Neubau der ebenfalls von Tamms gebauten Theodor-Heuss-Brücke als „Living Bridge“ mit allerlei „facilities“ in der Presse wenig Zustimmung fand, wurde der Entwurf von Structurelab in der Düsseldorfer Rheinischen Post geradezu enthusiastisch gefeiert. Er sei der richtige Weg, mit dem Tamms’schen Brückenerbe umzugehen. Und man erinnert sich daran, dass Fritschi 1997 auf der rechtsrheinischen Seite der Rheinkniebrücke das Apollo Varieté einfach unterhalb der Brückenrampe einspannte.
Es ist eine sympathische Idee, an den Rheinwiesen Cafés und Kunstzentren entstehen zu lassen und damit den öffentlichen Raum ohne große Eingriffe in den geschützten Landschaftsraum aufzuwerten. Die Düsseldorfer Planungsdezernentin Cornelia Zuschke hat bereits klare Sympathiepunkte verteilt. Für die Oberkasseler wäre die neu gewonnene Promenade eine wirkliche Bereicherung – und für die Düsseldorfer vielleicht eine Entlastung der an sonnigen Tagen total überfüllten Rheinuferpromenade. Vor allem wäre sie eine dankbare Alternative zu Reppegathers üblicher Spektakelarchitektur.
Zum Thema:
Der Autor schließt derzeit die Arbeit an einem Architekturführer zu Düsseldorf ab, der im Mai bei DOM publishers erscheinen soll.
Auf Karte zeigen:
Google Maps
Kommentare:
Kommentar (1) lesen / Meldung kommentieren
Structurelab möchten die östliche Ein- und Ausfahrtsrampe des Rheinalleetunnels überdeckeln und begrünen.
Die Überdeckelung sieht Tonnengewölbe vor, deren begrünte Dächer sich in die Rheinauen einschmiegen sollen.
Die Planer*innen skizzieren Cafés und Kunstzentren, die in den neu geschaffenen Räumen entstehen könnten.
Rheinalleetunnel und Schnellstraßenführung am Flussufer sind Kinder der autogerechten Planungen der Nachkriegszeit.
Bildergalerie ansehen: 9 Bilder