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28.06.2022
Vom Steinbruch zum Kulturort
Bühne und Bibliothek von DnA_Design and Architecture in Jinyun
Sich um die Überbleibsel aufgelassener Industrieareale zu kümmern, ist auch in China längst Aufgabe für Architekt*innen. Davon zeugen beispielsweise die Umnutzung der Dahua-Spinnerei im zentralchinesischen Xi’an zum Kultur- und Gewerbeareal, der Umbau einer Edelstahlfabrik in Shanghai zur Kunstschule und die Verwandlung einer Zuckermühle in der südostchinesischen Region Guangxi in ein Nobelhotel.
In diesem Zusammenhang steht auch das jüngste Projekt der Architektin Xu Tiantian und ihres Büros DnA_Design and Architecture aus Peking. Und dennoch sticht es heraus. Denn es sind keine gebauten Strukturen, die hier einer neuen Nutzung zugeführt werden, sondern stillgelegte Steinbrüche, in die erstmals überhaupt eine Nutzung einzieht. Dies soll in der einstigen Bergbauregion Jinyun im Südosten von China Perspektiven für einen Neuanfang aufzeigen. Rund 3000 Steinbrüche gibt es hier. Sie stehen für einen uralten Wirtschaftszweig, der vor rund 20 Jahren aus ökologischen und sicherheitstechnischen Gründen aufgegeben wurde, und der in den anliegenden Dörfern und Siedlungen arbeitslose Menschen und abgezäunte Areale hinterließ.
Ursprünglich waren Xu Tiantian und ihr Team mit Neubauten für die Region beauftragt. Doch wie bereits bei ihren Interventionen in Songyang in der Provinz Zhejiang, wo sie mit einem Maritimen Museum oder einer Wohn- und Gästehauskooperative die Identität der Dörfer zu stärken suchten, nutzten sie auch hier die Spezifik der Region als Basis ihrer Überlegungen. Mit dem Ansatz, Architektur nicht als Produkt, sondern als Medium zu denken, entstanden in ausgewählten Steinbrüchen öffentliche Orte, in denen Alteingesessene und Besucher*innen essen, lesen, musizieren oder einfach nur beisammen sein können.
Drei von insgesamt zehn Steinbrüchen im Tal Xiandu, die für eine Umnutzung ausgewählt wurden, sind bereits zugängig: Steinbruch Nummer 8 wurde zur Open-Air-Bibliothek, Nummer 9 zur Bühne und Steinbruch Nummer 10 zum Versammlungsort. Während die Einbauten leicht und simpel daherkommen, war der Umbau vor allem eine ingenieurtechnische Herausforderung. Die bis zu 38 Meter hohen Hohlräume im Tuffstein mussten teils mit Beton stabilisiert werden, ohne den Charakter der Wände zu zerstören.
Der Ausbau weiterer Steinbrüche ist im Gange. Einer ist der Teezeremonie gewidmet, ein anderer soll als Restaurant genutzt werden, ein dritter die Betrachtung des Mondes feiern. Vorhandenes wertschätzen und daraus neue Ideen schöpfen – diese Haltung ist in einem Land, wo Bauprojekte noch immer vor allem durch Größe und Geschwindigkeit von sich reden machen, ganz besonders wichtig. (fm)
Fotos: Wang Ziling
Zum Thema:
Das Projekt stand im Zentrum der Ausstellung „Jinyun Quarries – Der Steinbruch als Bühne. Von der wirtschaftlichen Ausbeutung zur ökologischen Umnutzung“, die im März und April 2022 bei Aedes in Berlin zu sehen war. Inzwischen ist dort auch der Katalog „Jinyun Quarries – The Quarry as Stage“ (ISBN 978-3-9443615-74-6, englisch/chinesisch) erschienen.
Zu den Projekten von DnA in Songyang veröffentlichten wir die Baunetzwoche #510 „Kluge Akkupunktur in chinesischen Dörfern“.
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Kommentare:
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Steinbruch no. 8 wurde zur Open Air-Bibliothek.
In Steinbruch no. 9 können nun zum Beispiel traditionelle Wu-Opern aufgeführt werden.
Das Xiandu Tal mit den bizarren Vulkanfelsen ist eine touristische Attraktion. In der Region Jinyun gibt es rund 3000 Steinbrüche.
Zunächst mussten die Steinbrüche aufwendig gesichert werden.
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