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19.01.2022
Beton für die Kripo
Polizeigebäude in Zürich von Penzel Valier
Die Beziehung der Schweizer*innen zum Beton ist seit langem eine ganz besondere. Und auch wenn der Baustoff ob seiner klima- und umweltschädigenden Eigenschaften inzwischen zunehmend in der Kritik steht – eigentlich lieben sie ihren Beton noch immer. Penzel Valier (Zürich) beweisen bei der Kriminalpolizei in Zürich einmal mehr, auf welchem Niveau die Eidgenossen arbeiten. Alexander Stumm hat sich das im Dezember 2021 fertiggestellte Gebäude vor dem Einzug der Kriminaler genauer angesehen.
Für die Kriminalabteilung Stadtpolizei Mühleweg hat die Stadt Zürich als Auftraggeberin einen schmalen Baugrund im ehemaligen Industriequartier Zürich West auserkoren, der mit der Umnutzung seit den 1990er Jahren zu einem der zentralen Entwicklungsprojekte der Stadt wurde. Im Norden und Osten wird das Grundstück durch einen L-förmigen Gewerbebau, im Westen durch ein für den Zugverkehr genutztes Viadukt und im Süden durch die Förrlibuckstraße begrenzt.
Aus dieser Lage ergibt sich sowohl Grundriss als auch Figur der Kriminalpolizei. Das langgestreckte, sechseckige Gebäude richtet sich zur Straße hin orthogonal am gegenüberliegenden Gewerbebau aus, macht in Nord-Süd-Richtung aber einen Knick, um Platz für die Tiefgaragenzufahrt zu schaffen. Der Knick dynamisiert auch die Westfassade, die zusätzlich in der ersten und zweiten Etage abgetreppt ist, um Distanz zu den Bahngleisen mit den hohen Lärmemissionen zu schaffen. Beim Eingangsbereich im Süden zur Förrlibuckstraße wiederum kragt das Gebäude über die dezente Freitreppe aus.
Die Konstruktion aus Stützen und tragenden Kernwänden gliedert sich um ein zentrales Atrium mit Erschließungskern. Um den erhöhten Sicherheitsansprüchen gerecht zu werden, sind die Zugänge der verschiedenen Benutzergruppen strikt getrennt. In Gewahrsam genommene Personen werden über die Tiefgarage in die „Haftstraße“ im Untergeschoss eingeliefert und von hier aus in die Arrestzellen im Erdgeschoss verbracht. Mitarbeitende oder Zivilist*innen, die zum Beispiel zur Gegenüberstellung geladen sind, nutzen den Vordereingang. In den oberen Etagen sind die Büro- und Verwaltungsräume mit 350 Arbeitsplätzen untergebracht. Die oberste sechste Etage sitzt ganz schmal auf dem Volumen auf. Hier ist unter anderem ein Vortrags- und Veranstaltungssaal sowie ein Personalrestaurant mit offener (Show-)Küche und großer Dachterrasse eingerichtet, die nach Süden einen grandiosen Blick auf das angrenzende Toni Areal bietet. Der gelungene Coup gegen die organisierte Kriminalität lässt sich hier würdig zelebrieren. Die knapp 16.000 Quadratmeter BGF veranschlagten 82 Millionen Schweizer Franken.
Der Elefant im Raum: Wo man hinsieht Beton, Beton, Beton, und zwar, wie man es in Schweizerischer Manier gewohnt ist, in perfekter Ausführung. Das betrifft die Fassade, wo vorgehängte Betonelemente die Fensterbänder trennen, die Erschließung und die Büroräume mit ihren rohen Betonflächen und der unverputzten Stahlbetonkonstruktion, selbst die meterlange Kaffeetheke im Atrium ist aufwendig in Ortbeton gegossen. In den ebenfalls gänzlich in Beton gehaltenen Zellen kann man dem zementbasierten Baustoff geradezu eine pädagogische Mission zusprechen. So geben die Zellen auch einen tiefen Einblick in die Schweizer Architektenseele: Man sieht den ehrlichen Glauben daran, mit gut gestaltetem Beton die Welt ein Stück besser machen zu können.
Fotos: Georg Aerni, Bruno Augsburger
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Fensterbänder und Betonelemente gliedern die Kriminalpolizei von Penzel Valier.
Ein Knick im Gebäude nimmt Bezug auf den Kontext und dynamisiert die Fassaden.
Der Eingang im Süden wird durch ein vorkragendes Bauteil akzentuiert.
Die ganz in Beton gehaltenen Zellen geben Einblicke in die Schweizer Architektenseele.
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