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26.03.2021
Lange kein Zustand
Zur Debatte um den Ebertplatz in Köln
Ein öffentlicher Raum mit zu viel Autoverkehr und zu wenig öffentlichem Leben, dafür aber mit dunklen Ecken, die zu ungutem Treiben verleiten – viele Städte haben derartige Problemzonen. So auch die Stadt Köln mit dem Ebertplatz. Seit 20 Jahren wird diskutiert, es gab eine Interimslösung und kontinuierliches Bürgerengagement. Nun hat der Stadtrat endlich eine positive Entscheidung getroffen.
Von Uta Winterhager
Der Ebertplatz am nördlichen Rand der Kölner Innenstadt war nie nur Schmuckplatz. Er wurde mit der gründerzeitlichen Stadterweiterung von Josef Stübben als Knotenpunkt des halbkreisförmigen Ringboulevards und der Nord-Radialen angelegt. Bei der Eröffnung des „Deutschen Platzes“ (so der Name 1887) floss der vermutlich noch eher spärliche Verkehr um ein sauberes Oval mit baumbestanden Kanten. Über eine für Fußgänger*innen sichere Querung der Straßen schien man sich noch wenig Gedanken machen zu müssen. Eine hübsche Gartenanlage mit großem Springbrunnen lockte die Menschen in die Mitte der Insel. Dort konnten auch sie ihre Runden drehen.
Doch das herrliche Flanieren hatte ein Ende, als der Automobilverkehr den Raum, der ihm gegeben worden war, schließlich ganz einnahm. Was wir heute sehen, ist ein in den 1970er Jahren geschaffenes Szenario. Brutalistische Stadtraumarchitektur als Gestaltgeber für eine Verkehrsplanung, die entzerren und verknüpfen wollte. Zeittypisch hatte die aus dem Stadtplanungsamt um Kurt Jatho stammende Planung den Verkehr auf verschiedene Ebenen verteilt: ganz unten die U-Bahn, auf einer abgesenkten sicheren und lärmgeschützten Ebene die Fußgänger, während der Autoverkehr die Platzfläche auf der Null-Ebene umschließt. Keine schlechte Idee, gab es doch im Fußgängertunnel eine Ladenzeile, die über Rolltreppen bequem erreichbar war.
Das wabenförmige Sechseck als Leitmotiv des baukünstlerisch ambitionierten Entwurfs findet sich in allen Maßstäben wieder, ob in den polygonalen Stützen, dem Lichthof oder den mit Grün gefassten Platzkanten. Dass der Platz nicht nur zum Unter- und Überqueren gedacht war, zeigt die wasserkinetische Plastik von Wolfgang Göddertz noch heute. Das große Edelstahlobjekt – begehbar, bespielbar und von schlichter, robuster Ästhetik – versprach einen lebendigen und modernen Ort.
Das aber ist der Ebertplatz so nie geworden. In einer Einschätzung des Platzes stellte der Kunsthistoriker Martin Bredenbeck fest: „Als der Ebertplatz 1977 fertiggestellt wurde, war die Zeit solcher Planungen eigentlich vorbei.“ Kein Wunder also, dass das, was so modern aussah, schon bald nicht mehr gut lief. Die zunehmende Vernachlässigung führte schließlich dazu, dass der Platz zum Brennpunkt wurde. Doch während Politik und Verwaltung Handlungen ankündigten – nicht zuletzt im Masterplan Innenstadt von Albert Speer + Partner von 2008 als Teil des Interventionsraums Ringe mit hoher Dringlichkeit – wurden von 2011 bis 2017 wichtige Jahre mit der Prüfung der Machbarkeit einer Tiefgarage unter dem Platz verloren, die sich schließlich als zu teuer und unästhetisch erwies.
Eigentlich war das Zumauern der ungeliebten Fußgängerpassage schon beschlossen; eine tödlich endende Messerstecherei im Oktober 2017 tat ihr Übriges dazu. Doch die Kunstszene protestierte für den Erhalt und die Nutzung der Ebene -1. Weil die große Lösung erneut in weiter Ferne lag, verabschiedete der Rat im März 2018 ein Interimskonzept zur Wiederbelebung und Bespielung von Platz und Passage. Er stellte 1,2 Millionen Euro bereit, um den negativen Tendenzen entgegenzuwirken. Unter dem Titel „Unser Ebertplatz“ engagierten sich daraufhin Gruppen aus der Bürgerschaft sowie der Kunst- und Architekturszene mit Zwischennutzungen; die Stadt moderierte und koordinierte ämterübergreifend. Sie wollten das Potenzial dieses öffentlichen Raumes noch einmal neu ausloten, die Läden wurden zu Kunstorten, die Platzfläche wurde bespielt und es gab ein buntes Programm. Zur großen Freude aller wurde die seit 20 Jahren trockenliegende Brunnenskulptur wieder in Gang gebracht. Die Aufenthaltsqualität erhöhte sich deutlich, soziale Kontrolle entstand auf organische Weise. Der Ebertplatz wurde zum Symbol für bürgerschaftliches Engagement, auf das zurecht alle stolz waren. Das „Putzen und Benutzen!“ zeigte Wirkung – auch ohne den offiziellen Stempel als Denkmal, denn diesen vergab der Stadtkonservator nicht.
Das Kernproblem aber wurde nicht gelöst: die inakzeptable Verkehrssituation der „autogerechten Stadt“. Der Bürgerverein am Eigelstein tat was er konnte, um die Stadt zum Handeln zu bewegen, lud Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos), NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU), den Polizeipräsidenten und den Sprecher der Kölner Staatsanwaltschaft zu einem Ortstermin ein.
Einig waren sich Stadt und Bürgerschaft, dass zwei Varianten untersucht werden sollten: „eine ebenerdige Umgestaltung durch Abriss und Verfüllung des bestehenden Platzes“ und „eine Umgestaltung unter Berücksichtigung des Bestands und teilweise eine Sanierung bzw. Ertüchtigung der bestehenden Bauteile, wie insbesondere der Passage“. Die Stadt tendierte zunehmend dazu, den Bestand aufzugeben. Dass dieser jedoch in einem unerwartet guten Zustand ist, belegte der Bürgerverein am Eigelstein mit drei Inaugenscheinnahmen durch Fachleute. Das Potential der Konversionsvariante stellt er unter anderem an Hand einer Visualisierung dar, die die Transformation der Passage zu einem festen Ort der freien Kunstszene zeigte.
Uneinig war man sich über das Maß der Bürgerbeteiligung und über das Verfahren selbst. Während die Verwaltung ein VgV-Verfahren mit der Durcharbeitung der Abrissvariante präferierte, forderte der BDA Köln in einem offenen Brief einen 2-phasigen Wettbewerb mit Öffentlichkeitsbeteiligung, in dem beide Varianten – Abriss und Konversion – geprüft werden sollten.
Am Dienstag haben nun die Ratsmitglieder fraktionsübergreifend und mit großer Mehrheit entschieden, dass entgegen dem Plan der Stadtverwaltung nun doch beide Varianten ausgearbeitet werden sollen. Die städtebauliche Grundidee und die zukünftige Nutzung sollen geklärt werden, es soll Expertengutachten zu Verkehr, Statik und technischer Umsetzung geben. Erst danach soll ein mehrstufiges Wettbewerbsverfahren mit Bürgerbeteiligung durchgeführt werden. Es ist wirklich erfreulich, dass diejenigen, die sich durch die Zwischennutzungen der letzten Jahre am Ebertplatz engagiert haben, gehört wurden. Jetzt heißt es: Machen!
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Eine Veränderung hat er dringend nötig: Der Ebertplatz im Jahr 2021. Foto: Bürgerverein Kölner Eigelstein
Dass am nördlichen Rand der Kölner Innenstadt dringend etwas geschehen muss, zeigt sich jeden Tag. Der Kölner Ebertplatz 2019. Foto: Uta Winterhager
Gruppen aus der Bürgerschaft und der Kunst- und Architekturszene wollten 2018 das Potential dieses öffentlichen Raumes mit Zwischennutzungen noch einmal neu ausloten. Die Stadt unterstützte und moderierte ämterübergreifend. Foto: Helle Habenicht
Vorschlag des BDA Köln für ein Verfahren um die künftige Gestalt des Ebertplatzes mit Öffentlichkeitsbeteiligung
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