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13.04.2021
Wilde Hülle, wilde Partys
Sanierung eines Studentenwohnheims in München von Muck Petzet Architekten
Zwischen 1961 und 1977 baute das Studentenwerk München ganz im Norden Schwabings die Studentenstadt Freimann. Mit über 2.400 Bewohner*innen ist sie bis heute die größte studentische Siedlung Deutschlands. Und wie es sich für eine echte Stadt gehört, so hat auch die Studentenstadt eine Art historisches Zentrum. Gemeint sind damit die frühesten Wohnbauten, unter anderem 14 zweigeschossige Atriumhäuser aus der Feder von Ernst Maria Lang, die großzügig in einem Grünraum liegen, der wiederum fast nahtlos in den Englischen Garten übergeht.
Drei dieser Atriumhäuser wurden in den letzten Jahren durch Muck Petzet Architekten (München, Berlin) saniert. 2015 legte das Büro dem Studentenwerk München eine Machbarkeitsstudie vor, 2016–19 erfolgte die Umsetzung. Obwohl die Häuser nicht unter Denkmalschutz stehen, ging es den Architekt*innen darum, so viel wie möglich vom ursprünglichen Charakter zu bewahren und trotzdem dezidiert wirtschaftlich zu agieren.
Wer von außen auf die sogenannte Hausgruppe 6 zugeht, wird freilich vom ursprünglichen Charakter nicht mehr viel erkennen, denn die Bauherrschaft verlangte eine umfassende energetische und technische Erneuerung der Hülle. Von den ockerfarbenen Klinkern und dem dunklen Holz des Ursprungsbaus ist nichts mehr zu sehen. Stattdessen wirken die Häuser mit der neuen, markanten und hinterlüfteten Fassade aus grauem Welleternit wie eingepackt.
Erst im Inneren wird der eigentliche Clou und soziale Mehrwert der Sanierung deutlich. Denn Petzet und sein Team entschieden sich, die wenig genutzten Atrien in das Haus zu integrieren. Wo über Jahre vor allem Fahrräder abgestellt wurden, findet sich nun eine zentrale, dreigeschossige Wohnküche, die den 13 Bewohner*innen des Erdgeschosses offensteht. Die können hier kochen, essen, diskutieren oder eben auch mal eine Party feiern. Eine solche „innere Verdichtung“ wirkt sich nicht nur positiv auf die Energieeffizienz des Hauses aus, sie ist auch ein klares Bekenntnis zu eindeutig zugeordneten, unmittelbar zugänglichen Gemeinschaftsräumen für überschaubare Nutzer*innengruppen. Deren Sinn und Akzeptanz wird immer wieder so weit in Frage gestellt, dass manche neue Wohnheime sogar gänzlich auf sie verzichten.
Ähnlich wie bei der kürzlich fertiggestellten Sanierung im Studentendorf Schlachtensee in Berlin setzten die Architekt*innen auch in München auf viele kleine, intelligente Eingriffe, um einen gangbaren Weg zwischen Erhalt der ursprünglichen Ideen und heutigen Anforderungen zu finden. Neben dem Schließen des Atriums wirkte sich der Rückbau verzichtbarer herauskragender Bodenplatten positiv auf die Energiebilanz aus. Die Haustechnik musste komplett erneuert werden. Alle Zimmer haben nun ein eigenes kleines Bad, zugleich wurden Treppen und viele Originaltüren erhalten. In den ursprünglichen Nebenflächen konnten weitere Wohnräume geschaffen werden. Statt 60 finden nun 74 Menschen in den drei Häusern Platz.
Die Architekt*innen nennen zwar keine konkreten Kosten, betonen aber, dass sie bei dem 2.300 Quadratmeter Bruttogrundfläche umfassenden Projekt die gesetzte Preis-Zielvorgabe von etwa 70 Prozent eines vergleichbaren Neubaus erreichten. Betreut wurden die Leistungsphasen 1 bis 8. (gh)
Fotos: Muck Petzet Architekten
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