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26.01.2021
Gegenwärtige Tradition
Sanierung und Ausbau der Klosterschule Maulbronn
Das Kloster Maulbronn ist nicht nur ein ziemlich beeindruckendes, UNESCO-geschütztes Zeugnis mittelalterlichen Klosterlebens. Die Anlage im Nordwesten Baden-Württembergs erzählt zugleich ein Stück frühe neuzeitliche Bildungsgeschichte, die bis in die Gegenwart reicht. Infolge der Reformation wurde nämlich 1556 im einstigen Zisterzienserkloster eine evangelische Klosterschule eingerichtet, die begabten Jungen unabhängig von Stand und Vermögen eine Ausbildung ermöglichte. Bewusst sollte dadurch eine Bildungselite geschaffen werden, wie man heute sagen würde. Als Evangelisches Seminar gibt es diese Schule noch immer, und in den letzten rund zehn Jahren wurden ihre Räumlichkeiten umfangreich saniert und ausgebaut. Zuständig waren die Architekt*innen und Mitarbeiter*innen des Landesbetriebs Vermögen und Bau Baden-Württemberg, Amt Pforzheim.
Bei einem Kloster, das über Jahrhunderte hinweg errichtet und immer wieder ergänzt und erweitert wurde, zeugt der Gebäudebestand naturgemäß von einer Vielzahl von Stilen und Entwicklungsstufen. In Maulbronn lassen sich Spuren aller Bauformen zwischen Romanik und Spätgotik finden. Hinzu kommen spätere Ergänzungen wie beispielsweise ein Renaissance-Jagdschloss, das ebenfalls innerhalb der Klostermauern steht. Eine solche Heterogenität über viele Jahre hinweg zeigt sich in einem wesentlich kleineren Maßstab nun auch bei den jüngsten, im Mai 2018 abgeschlossenen Arbeiten. Da wären einerseits Eingriffe in den Bestand, die zurückhaltend, aber formal deutlich abgesetzt in Stahl, Glas und Holz realisiert wurden. Und da wäre andererseits der bewusst zeitgenössische Küchenbau mit seiner metallenen Hülle.
Ganz oben auf der Prioritätenliste der Sanierungs- und Umbauarbeiten stand zunächst die Anpassung der Unterkünfte der Schülerinnen und Schüler. Seit 1969 können nämlich auch Mädchen das inzwischen staatliche Gymnasium samt evangelischem Internat besuchen. Klostermühle, Jagdschloss und Laiendorment erhielten ein selbstentworfenes Möbelsystem basierend auf geöltem Eichenholz, das eine flexible Anpassung an die historische Substanz, aber auch an wechselnde Bedürfnisse der Bewohner*innen erlaubt. Auch in den Aufenthaltsräumen fand dieses System Verwendung. Auf heutigen Stand gebracht wurden außerdem alle Sanitärräume und die Brandschutzvorkehrungen. Hinzu kam eine barrierefreie Erschließung.
Der Schulalltag findet primär im Obergeschoss des einstigen Klausurbereichs des Klosters statt, der unter anderem einen Hörsaaltrakt und das Herrendorment umfasst. Der Zugang erfolgt im nördlichen Teil des Dorments, das schon im Kontext der Schulnutzung in den letzten Jahrhunderten immer wieder massiv ergänz und umgebaut wurde. Ein Lichthof mit Grabungsfenster empfängt hier nun die Besucher*innen. Die frisch sanierten und teilweise rückgebauten Hörsäle stammen aus dem 19. Jahrhundert, ebenso ein einstiger Speisesaal, der jetzt ebenfalls als Klassenzimmer genutzt wird. Im südlichen Teil des Dorments wurde in einem Querhaus der Klosterkirche die Bibliothek neu gestaltet.
Am östlichen Rand des Klosters entstand außerdem der neue Küchenbau. Dieser wurde im Zuge wachsender Schülerzahlen notwendig, was einen größeren Speisesaal bedingte. Hierfür bot sich die sogenannte Abt-Entenfuß-Halle mit ihren bemerkenswerten Sandsteinsäulen an. Weil dann aber die Wege zur bisherigen Küche zu lang geworden wären, brauchte es eine Ergänzung, die anstelle von Garagen als eigenes Volumen entstand. Das erinnert an jene Zeiten, in denen Kloster- und Palastküchen oft aus Brandschutzgründen separiert wurden. In Abstimmung mit dem Denkmalschutz führten die Architekt*innen den Bau reversibel aus, was durch die Schattenfuge über der Schotterschüttung – unter der sich archäologische Funde verstecken – auch deutlich kommuniziert wird. (sb)
Fotos: Dirk Altenkirch
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Die Klostermühle war 2007 der Startpunkt das aktuellen Sanierungsprojekts.
Sie dient heute als Wohnheim mit Aufenthaltsbereichen und einer Bibliothek.
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