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05.01.2021

Phänomene am Campusteich

Lerndorf nahe Helsinki von Rudanko + Kankkunen und AFKS


Das Ziel war klar: die bestehende Schule samt Kindergarten erweitern, die Bestandsgebäude in eine moderne Lernumgebung und die Außenräume in einen Sport- und Lernpark umwandeln. Dabei sollten, so die Wettbewerbsaufgabe, die dem Entwurf zugrunde lag, nicht nur ein Raumprogramm, sondern auch ein pädagogisches Konzept entwickelt werden. Das geladene Verfahren, ausgelobt von der Gemeinde Sipoo, wurde 2016 entschieden. Mit Beginn des Schuljahres im August 2020 konnte der neue Campus in Betrieb genommen werden. Entworfen haben ihn die finnischen Büros Architects Rudanko + Kankkunen zusammen mit AFKS, Architects Frondelius+Keppo+Salmenperä (beide Helsinki).

Knapp 30 Kilometer östlich der finnischen Hauptstadt gelegen, befindet sich der neue Sipoonlahti Campus direkt an der Ostsee. Dabei handelt es sich um eine der ersten Schulanlagen, die sich in baulicher Hinsicht am 2016 neu aufgesetzten finnischen Lehrplan orientiert. Die Schulpolitik Finnlands ist ganzheitlich angelegt und stellt Kinder in den Mittelpunkt, betont sie als Individuen, die einzigartige und unterschiedliche Lernende sind. Die neuen Vorgaben sollen „phänomenbasiertes Lernen“ fördern, bei dem Kinder die Welt in ihren Zusammenhängen erforschen, indem sie verschiedene Fächer mischen. Den Lehrerenden soll folglich im Schulalltag die Möglichkeit zu einer verstärkten Zusammenarbeit gegeben werden, wie die Architekt*innen schreiben.

Von Schulräumen verlangt der Lehrplan Vielseitigkeit: Manchmal arbeiten die Kinder in kleinen Gruppen, manchmal versammeln sich alle für Präsentationen, manchmal lernt jedes allein und auf seine eigene Weise. Entsprechend flexibel sollten die Räume sein: Die gleiche Menge an Quadratmetern, die früher unterschiedslos auf alle Klassenräume verteilt wurde, wird nun für differenzierte Lernzonen wie Teamwork-Hubs, Leseecken und Versammlungsbereiche genutzt.

Insgesamt wurde der Campus in sogenannten Lerndörfern organisiert, jedes in einem eigenen Gebäudeflügel. Ein Lerndorf hat Platz für vier bis fünf Lerngruppen – insgesamt rund 100 Schüler*innen – die gemeinsam von mehreren Lehrer*innen geleitet werden. Dabei gliedert sich jedes Dorf in verschiedene Zonen für die Arbeit in unterschiedlichen Konstellationen. Die Raumaufteilung kann im Laufe des Tages flexibel angepasst werden. „Das Lerndorf ist ein gemütlicher, mit Teppichboden ausgelegter Raum mit einer großzügigen, offenen Begegnungszone und mehreren unterschiedlich großen Räumen, die sich für Unterricht und Gruppenarbeit eignen“, so Rudanko + Kankkunen. Alle Lerndörfer sind mit dem Herzstück der Schule – Aula, Kantine, Bibliothek und ein kleines Auditorium – verbunden, der einstigen Lobby der Schule. Neu eingefügte, scheinbar schwebende weiße Kuben strukturieren den hohen Raum, sie dienen als Lounges zum Essen oder Lernen.

Auch äußerlich hat sich die 13.620 Quadratmeter große Schule verändert, wurden die mit roten und schwarzen Ziegeln verkleideten Anbauten doch dem Bestand vorgelagert. Durch die neuen Flügel mit ihren insgesamt 5.300 Quadratmetern entstanden kleine Innenhöfe zwischen alter und neuer Schule. Außerdem erhielt sie so eine niedrigere Front, die einen kindlichen Maßstab in den Komplex bringen soll. Die Umbauten umfassten auch den Außenraum, sie wurden von Nomaji und Virearc (beide Helsinki) entworfen. Als eine Erweiterung des Programms sollen die Kinder auch im Freien experimentieren, Phänomene zum Beispiel am Campusteich erforschen. (kat)

Fotos: Martin Sommerschield


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