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https://www.baunetz.de/meldungen/Meldungen-Quartiersblock_von_Kempe_Thill_in_Antwerpen_7421119.html

28.09.2020

Ein Palast mit Bungalows

Quartiersblock von Kempe Thill in Antwerpen


Das ist der „Stadtpalast fürs 21. Jahrhundert“ – zumindest aus der Sicht von Atelier Kempe Thill. Das Büro aus Rotterdam hat im belgischen Antwerpen seine Vision eines städtischen Blocks für zeitgenössische und zukünftige Bedürfnisse realisiert. 13,5 Millionen Euro Netto inklusive technischer Installationen kostete der Neubau, der im Juni vergangenen Jahres fertiggestellt wurde. Auf die Wohnungen entfallen laut Factsheet 1.150 Euro pro Quadratmeter. Bauherr war – wie schon drei Jahre zuvor bei Block 1 – der belgische Projektentwickler Triple Living. Und auch die Zusammenarbeit mit POLO Architects (Antwerpen) wurde fortgesetzt.

Diesmal ist es Block 14, den die Architekt*innen entworfen haben, ein 16.000 Quadratmeter großes Mixed-use-Gebäude. Integriert wurde außerdem eine fast 10.000 Quadratmeter große Quartiersgarage. Direkt gegenüber: Der Galerie-Bau von Office Kersten Geers David Van Severen. Bei dem Quartier handelt es sich um das Stadterweiterungsgebiet Nieuw Zuid, das mit durchaus anspruchsvoller Architektur unter anderem von Stefano Boeri, Max Dudler oder Baumschlager Eberle seit einigen Jahren auf einem alten Bahnhofsgelände direkt an der Schelde entsteht. Der Masterplan stammt vom Mailänder Büro Secchi-Viganò und sieht aufgebrochene Blöcke vor, die eine Balance zwischen der Stadt des 19. Jahrhunderts und dem Städtebau der Moderne schaffen sollen.

Eine „zeitgenössische, städtische Architektur, im Sinne einer multifunktionellen, urbanen, allseitigen und zum öffentlichen Raum so viel wie möglich beitragenden Architektur“, so formulieren Kempe Thill ihr Ziel. Leiten ließen sie sich dabei von der Frage: „Wie kann eine Stadtwohnung so beschaffen sein, dass sie den Eindruck erweckt, als ob man in einem Einfamilienhaus wohnt?“. Das Ergebnis ist ein Wohn- und Geschäftshaus, das auf typologische Variation, Flexibilität und Großzügigkeit der Grundrisse sowie viel Außenraumbezug setzt. Konkret umfasst das Raumprogramm im Erdgeschoss Gewerbeflächen für Restaurants und Läden, im ersten Obergeschoss Büros, darüber drei Wohnetagen mit 38 Wohnungen sowie eine dreigeschossige, öffentliche Tiefgarage für 300 Autos. Als hybride Schichtung bezeichnen die Architekt*innen diesen Mix.

In der Höhe reagiert der Bau, der eine Grundfläche von 45 mal 45 Metern hat, auf seine Umgebung: Nach Norden, zum Platz hin ist die Fassade mit insgesamt fünf Geschossen am höchsten, nach Süden hin ist der Block zweimal abgetreppt. Erd- und erstes Obergeschoss bilden mit einer umlaufenden doppelgeschossigen Arkade einen sogenannten städtischen Sockel, öffentlichkeitswirksam und urban, darüber liegen die privaten Wohnbereiche, die hofseitig über Laubengänge – ein wenig wie kürzlich bei EM2N in Berlin – erschlossen werden. Die Materialwahl, Betonfertigteile in Kombination mit spanischem Kalkstein, Fensterrahmen aus eloxiertem Aluminium und Terrassen mit Holzlamellen, sei ebenfalls eine Reaktion auf die Stadt. Alle Materialien vereine eine zurückhaltende und angenehme Grauheit, die als idealer Hintergrund für das Leben diene. Auch passe dies ganz natürlich zur gedeckten Farbigkeit Antwerpens.

Zentrales gestalterisches Thema sind die Außenräume der Wohnungen. So wurde an allen Fassaden ein zweieinhalb Meter tiefes Balkongerüst vorgestellt. In den südlich gelegenen oberen Wohnungen gehen die Balkone in großzügige Dachterrassen über, die zum Teil üppiger ausfallen als die Wohnfläche der zugehörigen Apartments. Neben der realen Erweiterung sollen die Terrassen den Eindruck erwecken, als wohne man bodennah in einem Bungalow. Zusätzlich zum privaten Außenraum gibt es noch eine gemeinschaftlich nutzbare Dachterrasse.

Neben ihrer Funktion seien die Balkone, so Kempe Thill, Teil einer architektonischen Gesamtstrategie. Sie verleihen dem Gebäude Tiefe und bilden das gestalterische Rückgrat. Als „strukturierendes und korrigierendes architektonisches Element“ sollen sie ein Gleichmaß der Achsen an der Außenfassade erzeugen, trotz der dahinterliegenden, stark variierenden konstruktiven Achsmaße. In den oberen Etagen verfügt der „Stadtpalast“ über eine regelrechte Dachlandschaft, eine Transformation der steinernen Stadt mit suburbanen Elementen, wie die Architekt*innen schreiben. Innenstadt oder Vorstadt, diese Entscheidung könnte in Antwerpen also künftig ganz neu diskutiert werden. (kat)

Fotos: Ulrich Schwarz, Berlin


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