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11.09.2020
Fünf Altbauten für ein Theater
Umbau in Brüssel von ouest architecture
Das „Le Rideau“ ist ein kleines, französisch-sprachiges Theater in Brüssel, das auf eine über 75-jährige Geschichte zurückblicken kann. Vor zehn Jahren ergab sich die Gelegenheit, eine ehemalige Kohlenhandlung in Brüssel-Ixelles, einem bunten Viertel südöstlich des Zentrums, zu erwerben. Für den Umbau wurde ein Wettbewerb veranstaltet, den 2014 das junge Büro von ouest architecture (Brüssel) gewann.
Über Jahrzehnte hinweg war die Kohlenhandlung mit dem engen Altstadtblock quasi verwachsen. So standen die Architekt*innen vor der Herausforderung, insgesamt fünf sehr unterschiedliche, aber allesamt eher kleinteilige Altbauten sinnvoll miteinander zu verbinden. Zwei der Häuser liegen direkt an der Straße, zwischen ihnen liegt noch ein dreistöckiges Wohnhaus. Hinter diesem befindet sich wiederum ein Innenhof, der als einziges räumliches Element alle Häuser miteinander verbindet. Wer also von einem in das andere Gebäude wollte, musste über den Hof laufen.
Die Architekt*innen beschlossen, dieses Prinzip zum Kern ihres Umbauprojekts zu machen. Die gesamte Erschließung dreht sich nun um den deutlich verkleinerten Innenhof, den ouest als Quadrat mit vier exakt gleichen Fassaden konzipierten. So bekommt die Heterogenität der fünf Häuser eine betont ruhige Mitte. Alle öffentlichen Bereiche wie Bar, Foyer und Kasse, aber auch der Bühnenraum selbst haben eine direkte Blickbeziehung mit dem Hof – der Theatersaal mit einem Fenster, das natürlich durch einen großen Vorhang komplett verdunkelt werden kann. Der immer wiederkehrende Blick in den Hof erleichtert dabei auch die Orientierung der Besucher*innen.
Bei der Neuorganisation des Inneren wurde insbesondere auf die unterschiedlichen Nutzungen bei Tag und Nacht geachtet: „Bei Tage ist das Haus ein helles, praktisches Werkzeug für die Schauspielerinnen, Regisseure und Technikerinnen, die an einem neuen Stück arbeiten (Belle de Jour), bei Nacht wird es zu einem eleganten, geheimnisvoll beleuchteten Haus, in dem das Publikum die Aufführung genießen kann an diesem seltsam versteckten Ort (Oiseau de Nuit).“
Der Umbau selbst beschränkte sich auf das Heraustrennen unnötiger Wände und den Einbau der notwendigen Theatertechnik. Insgesamt standen für das Projekt nur 850.000 Euro zur Verfügung. Planer*innen und Theater mussten also Fantasie beweisen. Die Bestuhlung wurde komplett von einer Interimsnutzung der Koninklijke Vlaamse Schouwburg übernommen, die meisten Leuchtkörper stammen aus einem umgebauten Universitätsgebäude, die kreisrunden Spiegel der Umkleiden aus dem World Trade Center im Norden Brüssels. Das komplette Recycling- und Upcycling-Konzept entwickelten ouest mit den Abbruch- und Wiederverwertungsspezialisten von Rotor Deconstruction (Anderlecht).
Als „Gesicht“ des neuen Theaters haben die Architekt*innen den beiden Altbauten an der Rue Goffart zwei Werbetafeln verpasst. Das größere Haus bekam eine Tafel in das ehemalige Schaufenster der Kohlehandlung platziert, dem kleineren, zweigeschossigen Haus wurde ein großes Metallgitter auf das Dach gestellt und an den benachbarten Altbauten montiert. Die Architekt*innen betonen: „Wir wollten mit dieser Ambivalenz arbeiten, dass das Theater eben keine eine, eindeutige Eingangsfassade zur Straße hat. So bleiben die Passant*innen im Unklaren: Wo fängt das Theater an und wo hört es auf? Wer weiß...“ (fh)
Fotos: Johnny Umans
Über Jahrzehnte hinweg war die Kohlenhandlung mit dem engen Altstadtblock quasi verwachsen. So standen die Architekt*innen vor der Herausforderung, insgesamt fünf sehr unterschiedliche, aber allesamt eher kleinteilige Altbauten sinnvoll miteinander zu verbinden. Zwei der Häuser liegen direkt an der Straße, zwischen ihnen liegt noch ein dreistöckiges Wohnhaus. Hinter diesem befindet sich wiederum ein Innenhof, der als einziges räumliches Element alle Häuser miteinander verbindet. Wer also von einem in das andere Gebäude wollte, musste über den Hof laufen.
Die Architekt*innen beschlossen, dieses Prinzip zum Kern ihres Umbauprojekts zu machen. Die gesamte Erschließung dreht sich nun um den deutlich verkleinerten Innenhof, den ouest als Quadrat mit vier exakt gleichen Fassaden konzipierten. So bekommt die Heterogenität der fünf Häuser eine betont ruhige Mitte. Alle öffentlichen Bereiche wie Bar, Foyer und Kasse, aber auch der Bühnenraum selbst haben eine direkte Blickbeziehung mit dem Hof – der Theatersaal mit einem Fenster, das natürlich durch einen großen Vorhang komplett verdunkelt werden kann. Der immer wiederkehrende Blick in den Hof erleichtert dabei auch die Orientierung der Besucher*innen.
Bei der Neuorganisation des Inneren wurde insbesondere auf die unterschiedlichen Nutzungen bei Tag und Nacht geachtet: „Bei Tage ist das Haus ein helles, praktisches Werkzeug für die Schauspielerinnen, Regisseure und Technikerinnen, die an einem neuen Stück arbeiten (Belle de Jour), bei Nacht wird es zu einem eleganten, geheimnisvoll beleuchteten Haus, in dem das Publikum die Aufführung genießen kann an diesem seltsam versteckten Ort (Oiseau de Nuit).“
Der Umbau selbst beschränkte sich auf das Heraustrennen unnötiger Wände und den Einbau der notwendigen Theatertechnik. Insgesamt standen für das Projekt nur 850.000 Euro zur Verfügung. Planer*innen und Theater mussten also Fantasie beweisen. Die Bestuhlung wurde komplett von einer Interimsnutzung der Koninklijke Vlaamse Schouwburg übernommen, die meisten Leuchtkörper stammen aus einem umgebauten Universitätsgebäude, die kreisrunden Spiegel der Umkleiden aus dem World Trade Center im Norden Brüssels. Das komplette Recycling- und Upcycling-Konzept entwickelten ouest mit den Abbruch- und Wiederverwertungsspezialisten von Rotor Deconstruction (Anderlecht).
Als „Gesicht“ des neuen Theaters haben die Architekt*innen den beiden Altbauten an der Rue Goffart zwei Werbetafeln verpasst. Das größere Haus bekam eine Tafel in das ehemalige Schaufenster der Kohlehandlung platziert, dem kleineren, zweigeschossigen Haus wurde ein großes Metallgitter auf das Dach gestellt und an den benachbarten Altbauten montiert. Die Architekt*innen betonen: „Wir wollten mit dieser Ambivalenz arbeiten, dass das Theater eben keine eine, eindeutige Eingangsfassade zur Straße hat. So bleiben die Passant*innen im Unklaren: Wo fängt das Theater an und wo hört es auf? Wer weiß...“ (fh)
Fotos: Johnny Umans
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