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https://www.baunetz.de/meldungen/Meldungen-Wohnheim_bei_Lausanne_von_Duerig_und_IttenBrechbuehl_7210894.html

23.04.2020

2,8 Kilometer Rampe

Wohnheim bei Lausanne von Dürig und IttenBrechbühl


Das Besondere gleich zu Beginn: Eine 2,8 Kilometer lange Rampe zieht sich spiralförmig über neun Geschosse und erschließt auf diese Weise alle Wohnungen des kreisrunden Gebäudes. Jene Rampe hat eine Steigung von weniger als 1 Prozent und soll, so die Idee, auch sozial verbindend wirken. Als „Gemeinschaftsweg“ oder eine Art Dorfstraße soll sie das Zusammengehörigkeitsgefühl, die Kommunikation und den Austausch fördern. Ein Gedanke, der naheliegend erscheint, wenn man weiß, dass es sich um ein Wohnheim für Student*innen handelt.

Entworfen haben den riesigen Baukörper mit 137 Metern Durchmesser die Büros Dürig Architekten (Zürich) und IttenBrechbühl (Lausanne). Mehr Wohnraum für die Studis der Universität Lausanne zu schaffen, so der Auftrag, den der Schweizer Kanton Waadt 2015 ausgab. Verbunden wurde damit ein Event: die Olympischen Jugend-Winterspiele 2020. Diese fanden im Januar in Lausanne statt und Vortex, wie das Projekt heißt, diente da bereits als Athletenunterkunft. Erstmals in der Geschichte der Jugendolympiade waren alle Sportler*innen an einem Ort untergebracht – und konnten die Rampe direkt fürs Training nutzen.

712 Wohnungen für rund 1.000 Menschen gibt es in dem Komplex, darunter 252 Singlewohnungen, 288 Studios und 289 Wohnungen für WGs mit zwei bis vier Schlafzimmern, außerdem 76 Wohnungen für akademische Gäste. Im Erdgeschoss liegen auf 2.400 Quadratmetern Restaurant, Kindergarten, Läden, Gemeinschafts- und studentische Arbeitsräume, des Weiteren gibt es auf dem 27 Meter hohen Gebäude eine Dachterrasse mit Café und reichlich Aussicht. Dazu: Solarpaneele zur Energieerzeugung.

Die Fassade besteht aus Fichtenholzlatten, die tragenden Elemente sind aus Ortbeton, der Aufbau ist modular. Wie Boxen oder „Wohnkästen“ reihen sich die Wohnungen entlang der 30 Zentimeter dicken Rampe auf. Diese ist aus Platten zusammengesetzt, die auf den tragenden Wänden ruhen und an die Volumina der Wohnungen, den strukturellen Rahmen und die Neigung angepasst sind. Vorfertigung und Wiederholung sorgten für eine kurze Bauzeit: „Wir brauchten 900 Tage, um 900 Räume zu bauen“, so Guillaume Schobinger, Projektmanager bei IttenBrechbühl. Geplant wurde mit der BIM-Methode, die Baukosten belaufen sich auf umgerechnet 148 Millionen Euro.

Insgesamt hat das zylindrische Gebäude eine Geschossfläche von 36.700 Quadratmetern. Die Ausmaße des Neubaus sind immens: Etwas größer als ein Fußballfeld, wirkt der Innenhof wie ein Park oder Dorfzentrum. Wegen seiner Dimension zählt das in Chavannes-près-Renens zwischen Wiesen und Feldern gelegene Wohnhaus inzwischen als Campuserweiterung der Uni und der Eidgenössischen Technischen Hochschule von Lausanne. Eine neue Betonbrücke, bestehend aus zwei Teilen – einer für Fußgänger, der andere für Fahrzeuge – verbindet das Haus mit dem Universitätsgelände. Aber wer zur Uni muss, sollte zeitig losgehen: Von den obersten Stockwerken braucht man 25 Minuten bis zum Ausgang – zumindest wenn man die Rampe nimmt. Zum Glück gibt es aber auch Aufzüge. (kat)

Fotos: Fernando Guerra


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