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25.03.2020

Patina für Gwanggyo

Kaufhaus von OMA bei Seoul


Über 20 Jahre ist es her, dass sich Rem Koolhaas und seine Harvard-Klassen mit dem Thema Shopping beschäftigt haben. Eine Auseinandersetzung, die nicht nur 2001 in einem dicken Buch kulminierte, sondern die im Nachhinein auch als eine Art Bewerbungsschreiben seines Büros OMA verstanden werden muss. Es folgten seine berühmten Projekte für Prada zum Beispiel in Los Angeles, atemberaubende Transformationen wie die Fondaco dei Tedeschi in Venedig oder aktuell die KaDeWe-Vorhaben in Berlin und Wien. Das jüngste Haus des koreanischen Luxus-Retailer Galleria übertrifft in seinen Ausmaßen nun aber alle bisherigen Shopping-Projekte des Rotterdamer Büros. In Gwanggyo, einer noch jungen Planstadt im Großraum Seoul, hat Chris van Duijn als verantwortlicher Partner ein Gebäude realisiert, das oberirdisch über 70.000 und unterirdisch weitere 63.000 Quadratmeter umfasst. Weitere Verantworliche waren Ravi Kamisetti und Patrizia Zoberning sowie das südkoreanische Büro Gansam.

Das Kaufhaus, das mit einem typischen Angebot von Mode und Sportartikeln über Haushaltswaren und Design bis hin zu einer Essensetage und einem Multiplex-Kino aufwartet, versammelt ein Best-of von OMA-typischen Motiven. An einer breiten Straßenkreuzung gelegen und von Hochhäusern umstellt, präsentiert sich das Gebäude als massiver geschlossener Block. Lediglich ein verglastes Trajekt schraubt sich ähnlich der Niederländischen Botschaft entlang des Würfel-Perimeters nach oben. Dessen prismatische Fassadenstruktur ist allerdings – sieht man vom Springer-Bau ab – eher untypisch für die meist betont schnörkellose Architektursprache von OMA. Fast muss man an ein Nullerjahre-Revival im Stil von Ashton Raggatt McDougall oder Jakob + MacFarlane denken. Das Innenleben in seiner Logik von positivem und negativem Raum – sprich Verkaufsfläche und versorgenden Räumen – fügt sich jedoch wieder gut ein in eine Reihe unrealisierter Entwürfe, zu denen auch die Pariser Nationalbibliothek gehört. Jede Menge Rolltreppen stellen die Verbindung her.

Besonders spannend ist schließlich die Fassade des Gebäudes, und zwar insbesondere im Verhältnis zur Umgebung. Jener Teil Gwanggyos wurde derart schnell aus dem Boden gestampft, dass auf den nur wenige Jahre alten Streetview-Bildern lediglich ein paar abgesperrte Brachen zu sehen sind. Heute stehen dort viele glatte Türme. Das Kaufhaus zeigt sich hingegen alles andere als steril. Seine zusammengepixelte, geradezu staubig-braune Natursteinfassade wirkt eher, als  habe man hier eine jahrzehntealte brutalistische Bauruine doch noch fertiggestellt. Die Architekt*innen sprechen von einem grob behauenen Felsblock, dessen ästhetische Gravität helfen soll, ein vielseitiges öffentliches Leben zu etablieren. Das Trajekt ist denn auch ein frei zugänglicher Raum, der die Besucher*innen über mehrere Terrassen hinweg auf das shoppingfreie Dachgeschoss führt. Dort warten unter anderem Ausstellungsräume und Platz für Theater oder Performances. (sb)

Fotos: Hong Sung Jun


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