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05.03.2020

Trutzburg Landratsamt

Erweiterung von Bruno Fioretti Marquez in der Oberpfalz


Neustadt an der Waldnaab ist eine Kreisstadt in der Oberpfalz mit knapp 6.000 Einwohnern, etwa 60 Kilometer östlich von Bayreuth und nahe der Grenze zu Tschechien. Die reiche Geschichte ist am Stadtbild gut ablesbar. Der historische Stadtkern streckt sich über einen schmalen, aufsteigenden Grat zwischen den Flüssen Waldnaab und Floß. Hier liegt der schmale, zentrale Stadtplatz mit seinen schmucken Bürgerhäusern, dessen Abschluss im Westen Kirche und Rathaus, im Osten das Alte und das Neue Schloss bilden. Ursprünglich war das Neue Schloss 1684 als dreiflügelige Barockanlage entworfen, ausgeführt wurde jedoch nur der Ostflügel. Seit einigen Jahren ist das Landratsamt im restaurierten Schloss untergebracht.

Die Räumlichkeiten waren von Anfang an zu eng, 2016 wurde für einen östlichen Erweiterungsbau an „städtebaulich und denkmalpflegerisch sensibler Stelle“, so die Auslobung, ein nichtoffener Realisierungswettbewerb ausgeschrieben. Den ersten Preis erlangten Bruno Fioretti Marquez (Berlin), zwei dritte Preise gingen an harris + kurrle (Stuttgart) und Reinhard Bauer (München). Die Gewinner hatten als einziges Büro einen Entwurf präsentiert, der keinen selbstständigen Bau in respektvollem Abstand zum Neuen Schloss formulierte. Stattdessen ziehen sie ihren Neubau entlang der ungleichmäßigen Grundstücksgrenzen und lassen ihn mit zwei gläsernen Brücken direkt an den Barockbau andocken – eine augenzwinkernde Verbeugung vor Karljosef Schattners „Kunst der Fuge“?

Vor allem aber haben sich Bruno Fioretti Marquez das Neue Schloss ganz genau angesehen. Zum Stadtplatz präsentiert es sich als üppiger Barockbau, aber nach Süden und Osten stehen diese Schaufassaden auf einem mehrgeschossigen, burgartigen Sockel. Auf diesen beziehen die Architekten ihren Erweiterungsbau mit seiner geschlossenen Sichtbetonwand, die nur hier und dort von großen Fenstern und einer Eingangstür unterbrochen und zusätzlich von einem kleinen Dachüberstand überragt wird. Dieser verstärkt noch die Assoziation mit einer vorgelagerten, mittelalterlichen Bastion.

Dabei nutzen Bruno Fioretti Marquez brillant die Topographie des Geländes. So zeigt sich der Neubau zur Straße als eingeschossige Mauer in Fortführung des Schlosssockels, zur Südseite hingegen als dreigeschossiger Anbau. Im Innenraum zwischen Alt- und Neubau entsteht auf diese Weise ein erstaunlicher Innenhof mit einer großen Freitreppe. Von Norden und Süden führen unter den gläsernen Brücken schmale, offene Gassen in diesen Innenhof, der so zur öffentlichen Passage im engen, historischen Stadtgefüge wird und auch für Vorführungen, Lesungen oder Konzerte genutzt werden könnte. Hier zeigt sich der Neubau sogar viergeschossig mit leichter Holzfassade und raumhoch verglasten Zellenbüros, die von einem Gang entlang der äußeren Betonwand aus erschlossen werden. An dieser Außenwand liegen auch alle Neben- und Warteräume sowie eine einläufige Treppe über alle Geschosse, die einen überraschenden, 14 Meter hohen Erschließungsraum bildet, der über ein Oberlicht und ein großes Fenster im Straßengeschoss Licht von oben bekommt.

„Ähnlich einer Burganlage, deren meterdicke Wände genutzt wurden, um Alkoven und Raumnischen zu bilden, nimmt das massive Wandelement hier die Treppe und die notwendigen Nebenräume auf, was den Eindruck einer massiven Stützmauer als wesentlichem Bestandteil des Konzepts verstärkt“, schreiben die Architekten. „Als konstruktives Element trennt die massive, monolithische Leichtbetonwand das aufgehende Gelände und den tiefer liegenden Hof und dient den Deckenbalken der hofseitigen Holzskelettkonstruktion als Auflager.“ Insgesamt werden im Neubau etwa 100 Mitarbeiter in sieben unterschiedlichen Ämtern arbeiten, teilweise mit hoher Besucherfrequenz. Durch diese starke öffentliche Nutzung und den öffentlich zugänglichen Hof ist also davon auszugehen, dass alle 6.000 Neustädter einmal die Gelegenheit bekommen werden, hinter die rigorose Betonwand ins holzig-leichte Innere dieser Landratsamts-Bastion zu schauen. (fh)

Fotos:
Stefan Müller, Dronenfotografie: Frieder Salm


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Blick von Süden auf das Landratsamt und den Erweiterungsbau davor

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Im Hof entpuppt sich der Erweiterungsbau als viergeschossig in den Berg gefügt

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Die schmalen Passagen zwischen Alt- und Neubau sind offen, der Innenhof damit öffentlicher Raum.

Die schmalen Passagen zwischen Alt- und Neubau sind offen, der Innenhof damit öffentlicher Raum.



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