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13.01.2020
Drei Szenarien für Berlin
Besetzungsverfahren für Bauakademie-Direktion vor Gericht
Die Stellenbesetzung der Gründungsdirektion der Bauakademie landet vor Gericht. Der Betroffene Florian Pronold verteidigt sich in der Tagespresse. Der Ruf der frisch gegründeten Institution ist beschädigt. Wie soll das nur weitergehen? Ein Kommentar und drei Szenarien.
Von Friederike Meyer
Der designierte Gründungsdirektor der Berliner Bauakademie Florian Pronold darf seine Stelle vorerst nicht antreten. Das entschied das Berliner Arbeitsgericht vergangene Woche und gab damit dem Antrag von Philipp Oswalt nach einer einstweiligen Verfügung statt. Oswalt war im Bewerbungsverfahren um den Posten unterlegen und wehrt sich nun juristisch. Seine Argumente: Pronold erfülle nicht die in der Stellenausschreibung geforderten Kriterien, außerdem sei das Verfahren intransparent und die Findungskommission mit zu wenigen Fachleuten besetzt gewesen. Ein weiterer Antrag auf einstweilige Verfügung wird am 23. Januar verhandelt.
Es ist selten, dass um eine Personalie in der Architekturwelt derart gestritten wird. Und selten stehen Persönlichkeiten aus der Planerszene gemeinsam mit Akteuren der Kulturszene derart geschlossen hinter einer Forderung: Fast 600 bekannte Namen aus allen Teilen des Landes und dem Ausland haben inzwischen einen offenen Brief unterschrieben, in dem sie dazu aufrufen, „das bisherige Ergebnis zu annullieren und das Bewerbungsverfahren noch einmal mit einer neuen, fachlich kompetenteren Findungskommission aufzurollen.“
Der breite Protest der Kultur- und Planerszene ist nachvollziehbar. Denn der Bund und seine Mitarbeiter*innen im zuständigen Ministerium haben unsauber, vielleicht auch planlos gearbeitet. Einerseits haben sie mit Aktionen wie den Dialogforen, dem Wettbewerb und der Stellenausschreibung in der Architekturwelt Energien mobilisiert und Erwartungen geschürt. Erwartungen, die sich auch im Anspruch an ein transparentes Auswahlverfahren mit einer fachlich fundierten Auswahlkommission ausdrücken, wie es bei Architekturwettbewerben und auch Kulturinstitutionen üblich ist. Anderseits haben sie eher intransparent die Stiftungsgründung vollzogen und eine 9-köpfige Findungskommission zusammengestellt, die aus vier SPD-Parteikolleg*innen des ausgewählten Bewerbers Florian Pronold und einem ihm ehemals unterstellten Beamten besteht – und deren zwei Mitglieder mit expliziter Fachexpertise gegenüber den sieben anderen Mitgliedern deutlich in der Unterzahl waren. Dieses Vorgehen in seinem Missverhältnis von „Wir lassen alle mitreden!“ und „Wir entscheiden dann doch, wie wir wollen.“ fällt den Verantwortlichen in der Politik nun auf die Füße.
Schließlich stellen sich zwei Fragen: Was sagt es über ein Verfahren, wenn der Ausgewählte die Gründe für seine Wahl selbst in der Tagespresse verbreitet (etwa hier und hier), wenn aber diejenigen, die ihn in der Kommission gewählt haben, seither schweigen und die zuständige Staatssekretärin auf Tauchstation gegangen ist? Vor allem aber: Wie geht es jetzt weiter? Hier drei Szenarien, wie sie in Berlin vorstellbar sind:
Szenario 1: Florian Pronold beginnt trotz gerichtlicher Verfügung als kommissarischer Bauakademiedirektor zu arbeiten. Im Hintergrund ziehen sich die zwei Verfahren der Konkurrentenklagen in die Länge. Ein Wettbewerb für den historischen Wiederaufbau der Bauakademie wird ausgelobt. Ein großes deutsches Büro, das als Generalunternehmer auftritt, gewinnt mit dem wirtschaftlichsten Entwurf. Alternative Vorschläge zum historischen Wiederaufbau bekommen einen Ankauf. Die Bauakademie wird zum Eingangspavillon des Humboldtforum erklärt.
Szenario 2: Immer mehr Details zum unsauberen Arbeiten der Verantwortlichen und der Findungskommission werden bekannt. Florian Pronold zieht sich zurück. Das Verfahren wird neu aufgerollt, der Direktorenposten wird an eine fachlich versierte Bewerbung aus dem Ausland vergeben. Den ausgelobten offenen Wettbewerb gewinnt der Vorschlag einer Künstlergruppe. Sie will mit reversiblen Materialien aller fünf Jahre etwas Neues errichten. Stipendiaten campen in temporären Strukturen, Studierende und Handwerker ringen in DesignBuild-Projekten um die besten Details. Die Freiluftausstellungen der Bauakademie zählen mehr Besucher*innen als das Humboldtforum.
Szenario 3: Die Bundesstiftung Bauakademie wird aufgelöst. Ihr Etat geht in dem der Bundesstiftung Baukultur auf, die fortan einen weiteren Stiftungszweck erhält. Neben ihrer Aufgabe als Kommunikationsplattform für die bundesweite Diskussion städtebaulicher, planerischer, bau- und wohnungswirtschaftlicher Qualitätsmaßstäbe darf sie operativ tätig sein, Stipendien vergeben und gebaute Experimente sowie Forschung unterstützen. Das Bauakademiegrundstück wird mit der Auflage der historischen Rekonstruktion der Bauakademie an einen Investor verkauft.
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Kommentare:
Kommentare (9) lesen / Meldung kommentieren
Das Gerüst auf dem Grundstück der Bauakademie wird derzeit abgebaut. Die Plane ist bereits entfernt.
Dabei wird der Veranstaltungsraum im Inneren des Gerüsts sichtbar.
Was wohl Schinkel zur Debatte sagen würde?
Hinter dem Gerüst: die Friedrichswerdersche Kirche