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10.01.2020
Kreativquartier Potsdam
Glockenweiß und MVRDV gewinnen Konzeptverfahren
Der umstrittene Wiederaufbau der Potsdamer Garnisonkirche hat nicht nur eine problematische historische Dimension, sondern es stellt sich mit ihm auch hinsichtlich der Zukunft der Stadt eine entscheidende Frage: Welchen Platz im Zentrum will man all jenen Aktivitäten einräumen, die nicht zum herausgeputzten Residenzstadt-Image passen? Dort, wo eines Tages wieder das Schiff der einstigen Militärkirche stehen soll, befindet sich nämlich aktuell zu Teilen ein kreativgenutztes Rechenzentrum aus DDR-Zeiten. Hier gibt es zu günstigen Mieten provisorisches Flair für Studios und Ateliers. Allerdings nur bis zum geplanten Abriss 2023.
Die Lösung: Anstatt sich noch mehr Widerstand ins Haus zu holen, planen die Stadtoberen wenige Meter weiter auf dem Gelände der Alten Feuerwache ein neues Kreativquartier. Das soll nicht nur mehr Nutzfläche als das Rechenzentrum, sondern auch weiterhin Raum zu günstigen Mieten bieten. Der Preis für die Stadt wäre der Verkauf des Grundstücks zu einem vergleichsweise niedrigen Preis von 11 Millionen Euro. Nach einem Szenario-Workshop im Jahr 2018 folgte Ende 2019 mit einem Konzeptverfahren der nächste Schritt. Dieses konnte schließlich ein Team um die Büros Glockenweiß (Berlin) und MVRDV (Rotterdam) für sich entscheiden. Als Nachrücker setzten sich das Team von Euroboden mit Heide & von Beckerath, FAR Frohn & Rojas, Atelier Le Balto und Transsolar durch. Das Berliner Büro Mila schied mit seinem Projekt in der finalen Runde aus.
Das städtebauliche Konzept von Glockenweiß und MVRDV konnte die Jury unter anderem mit seinen kleinteiligen Räumen und einer sehr hohen Nutzungsdichte überzeugen. Sie sehen zahlreiche Baukörper unterschiedlicher Form und Typologie vor, die sich teils doppelt gereiht um einen kleinen Platz versammeln. Insgesamt sind über 18.400 Quadratmeter Geschossfläche vorgesehen, von denen rund 8.000 Quadratmeter bei einer Miete von 9 Euro nettokalt für eine „kleinteilige Kultur- und Kreativwirtschaft“ gedacht sind. Teil des Konzepts, das insbesondere in architektonischer Hinsicht noch weiter detailliert werden muss, sind auch Wohnen in Form von Kleinstapartments und Gastronomie.
Das Team um Projektentwickler Euroboden sieht wiederum einen großen Hof vor, um den sich vier Gebäude gruppieren. Dieser Hof wäre zugleich auch als multifunktionaler Veranstaltungsort in der Sequenz von öffentlichen Räumen zwischen Altem Markt und der ehemaligen „Garnisonsplantage“ gedacht. Heide & von Beckerath konzipieren hinter dem historischen Portal des alten Stalls einen Holz-Hybrid-Bau mit Laubengängen. Neben einer Gewerbenutzung im Erdgeschoss gäbe es hier in den oberen Etagen auch gemeinschaftsorientierte Wohnformen. FAR Frohn & Rojas planen die drei weiteren Baukörper als flexibel nutzbare „Atelierregale“, was an ihr gelungenes Haus in Berlin denken lässt. Dank einem hohen Maß an Vorfertigung wären auch die geforderten niedrigen Mieten wirtschaftlich umzusetzen. Hinsichtlich der Geschossfläche kommt das Projekt mit insgesamt 19.000 und davon 8.600 Quadratmetern geförderter Fläche sogar auf etwas höhere Zahlen als das Gewinnerteam.
Im nächsten Schritt werden die Pläne der Stadtverordnetenversammlung vorgelegt, der die finale Entscheidung obliegt. Baubeginn der ersten Phase des Vorhabens, das komplett in privater Regie entstünde, soll schon Ende 2020 sein. Bis 2023 läuft noch die Zwischennutzung im Rechenzentrum, für das sich noch immer viele Potsdamer erhoffen, dass es zumindest teilweise erhalten werden kann. Platz dafür wäre jedenfalls. Aber wenn der Bauausschussvorsitzende Wieland Niekisch von der CDU verlauten lässt, es dürfen keine Ostalgie-Viertel entstehen, dann ist die Chance dafür nicht sehr groß. (sb)
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Bestbieter: Glockenweiß, MVRDV, KVL, Minimum und Tim Renner
Nachrücker: Euroboden, Heide + von Beckerath, FAR Frohn + Rojas, Atelier Le Balto und Transsolar
Glockenweiß und MVRDV projektieren einen Stadtplatz mit Tribüne.
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