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05.08.2019
Übernachten in Brückenwärterhäusern
Verstreute Hotelzimmer von Space+matter in Amsterdam
Von Florian Heilmeyer
Im Jahr 2009 begann die Stadt Amsterdam, ihr umfangreiches Brücken- und Schleusensystem zu automatisieren. Schritt für Schritt wurden dadurch nicht nur die Brückenwärter, die zuvor noch persönlich über den Schiffsverkehr gewacht hatten, überflüssig, sondern auch ihre Wärterhäuschen. Sie waren zusammen mit den Brücken entworfen worden und viele standen unter Denkmalschutz.
Vereinzelt waren Brückenwärterhäuschen schon als Bar oder Pizzeria umgenutzt worden. Dass die Mini-Häuser aber auch in einem größeren Zusammenhang gesehen werden könnten, verdanken sie der Initiative des Amsterdamer Büros space&matter. Gemeinsam mit einem auf Industrieerbe spezialisierten Immobilienentwickler und einer Hotelkette entwickelten die Architekten zwischen 2010 und 2012 die Idee eines Hotels, dessen Zimmer sich über die ganze Stadt verteilen: das „Sweets“.
Sie wählten 28 Miniatur-Häuser aus, die für eine touristische Nutzung in Frage kamen. Zwar verfügte jedes Wärterhäuschen über eine kleine Kaffeeküche, eine Toilette und ein Waschbecken, dennoch war der Aufwand für den Umbau groß. Jedes Haus ist ein Unikat, manche sind mehr Skulptur als Gebäude: Sie sind 12 bis 70 Quadratmeter groß, das älteste stammt aus dem Jahr 1672, das jüngste von 2009 – eine Reise durch die Baustile der Niederlande. Alle Häuser waren über die Jahre intensiv genutzt und pragmatisch repariert worden. 2012 gab die Stadt grünes Licht für das Projekt, und dennoch dauerte es bis März 2018, dass die ersten Häuser als Hotelzimmer eröffnen konnten. Für jedes musste nicht nur ein individueller Entwurf erarbeitet werden, der aus dem engen Raum das Maximum herausholt, sondern auch eine Bau- und Betriebsgenehmigung vom jeweiligen Stadtbezirk eingeholt werden.
Seit dem Frühjahr bietet „Sweets“ nun 18 Doppelzimmer. Die Architekten sagen, dass ihr Entwurf immer damit begann, einen Platz für das Doppelbett zu finden und dann von dort alle anderen Ein- und Umbauten zu erfinden. Für den Zugang benötigt man eine App. Auf Wunsch kommt das Frühstück morgens im Pappkarton vors Haus. Aus Sicherheitsgründen muss man über 21 Jahre alt sein und wird explizit darauf hingewiesen, das Haus während der Öffnung der Brücke nie zu verlassen. Der Hotelservice ist in Rufbereitschaft und verspricht, dass er in 15 Minuten vor Ort sein kann – mit dem Fahrrad natürlich.
Die Entwürfe sind direkt vor Ort entstanden, erläutern die Architekten. Die Inneneinrichtung wurde an den jeweiligen Baustil angepasst. Dass die Gäste mitten im Amsterdamer Verkehrsgetöse nächtigen, gehört zum Programm – Trams rasseln vorbei, und wer vor die Tür tritt, steht meist auf einer vielbefahrenen Kreuzung. Dafür werden Ohrenstöpsel angeboten. Außerdem bietet jedes Häuschen eine Panoramasicht – die Brückenwärter brauchten eine gute Übersicht. Vor den erhaltenen Kontrollpaneelen darf man sich wie der Chef einer großen Modelleisenbahn fühlen. Zum Jahresende sollen drei weitere Zimmer eröffnen und nochmals sieben in den kommenden zwei Jahren.
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Zimmer 204: Hortusbrug am Botanischen Garten, Nieuwe Herengracht. Klappbrücke, Baujahr 1956, Architekt Dirk Sterenberg.
Zimmer 206: Amstelschutssluis in der Amstel mit Blick auf die Magere Brug. Schleuse, Baujahr 1673, Architekt Joannes Hudde.
Zimmer 301: Westerdoksbrug, Westerdoksdijk. Klappbrücke, Baujahr 1960, Architekt Dirk Sterenberg.
Axonometrien einiger Wärterhäuschen, die space+matter zu Hotelzimmern umgebaut haben.
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