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18.07.2019
Wohnhaus wird Kulturzentrum
Umbau von ZAV in Teheran
Als Umweltaktivist ist Gholam Ali Beski seit gut 40 Jahren in Iran bekannt. Das Teheraner Büro ZAV hat sein ehemaliges Wohnhaus zum Kulturzentrum umgebaut. Die Vorgehensweise der Architekten macht es zu einem der klügsten Projekte des Landes.
Von Florian Heilmeyer
In einem Land, das seine Ressourcen auch jenseits der Ölvorkommen weitgehend ungebremst ausbeutet und verwertet, ist der inzwischen fast 90-jährige Gholam Ali Beski durch Auftritte in Fernsehinterviews und Talkshows zu einem der bekanntesten Gesichter der iranischen Umweltbewegung geworden. 2015 trat sein Enkel, der Filmregisseur Morteza Farshbaf, an das Teheraner Architekturbüro ZAV heran, um das einstige Wohnhaus von Beski als kleines Museum, Filmstudio und Club für Veranstaltungen umzubauen.
ZAV sind Architekten, die sich einer sozial und ökologisch verantwortungsbewussten Architektur verschrieben haben; ihre Projekte sind fast immer auch politische Aussagen, wie zum Beispiel das mit und für die Einheimischen errichtete Kulturzentrum auf der Insel Hormuz oder das Waisenhaus für Mädchen im Nordiran. Die Idee für das „Farsh Filmstudio“ entstand im Dialog mit den beiden Bauherren, sagen ZAV: „Es ging darum, Widerstand gegen die Logik der Marktökonomie im Iran auszudrücken.“ Im Baubereich bedeutet das vor allem: das Haus so weit wie möglich zu erhalten und beim Umbau so wenig Material und Energie wie möglich zu verbrauchen. „Wenn man überlegt, dass man keine Plastikflaschen mehr wegschmeißen soll, dann sollte man erst recht keine Gebäude wegschmeißen“, so die Architekten.
Dennoch musste das dreistöckige Wohnhaus aus gelbem Backstein für seine neue, öffentliche Funktion völlig umgekrempelt werden. Zunächst wurde es bis auf seine Grundstruktur reduziert, dann erhielt es eine zweite, die Tragfähigkeit verbessernde Struktur, so dass sich hinter der erhaltenen Fassade vielschichtig gestaffelte Innenräume ergeben.
Im Erdgeschoss liegt das kleine Museum, das Ali Beskis Leben und Arbeit zeigt. Es öffnet sich zur Straße und bietet einen Durchgang in den neu begrünten Hof, der ein Wasserbecken mit einer aus recycelten Metallprofilen zusammengeschweißten Pergola bekommen hat. Das Erdgeschoss ist so zu einer öffentlichen Passage zwischen Straße und Hof geworden, ein kleines Cafe sorgt für Leben. Zusätzlich zum alten Treppenhaus wurde in die Hoffassade eine einläufige Treppe eingefügt, die aus einem Abrisshaus stammt. Sie führt ins erste Geschoss, wo Farshbaf den halböffentlichen Teil seines Filmstudios eingerichtet hat. Zum Hof liegen ein Vorführraum für Filmabende, dazu Küche und Toilette. Zur Straße gibt es einen Besprechungs- und einen Arbeitsraum. Die Küchenarmaturen und die Stehleuchten sind nach Entwürfen der Architekten aus wiederverendeten Materialien gefertigt.
Im zweiten Obergeschoss befinden sich die Arbeitsräume für die Filmemacher, das Sofa im Gemeinschaftsraum wurde aus Stoffresten einer nahen Fabrik genäht. Rohre und Leitungen liegen offen auf den nackten Beton- oder Backsteinwänden und geben den Räumen klare Linien. Mit den Arbeitsplatten der Küche aus alten Fensterscheiben und industriellen Glasresten und den großen Fenstern und Türen ergibt sich der Eindruck eines durchsichtigen Hauses, als handele es sich um ein Anschauungsobjekt.
Das ist ein Eindruck, der sich auf der neuen, teilweise mit recyceltem Glas überdachten Dachterrasse noch verstärkt, wo wie im Hof ein schlankes Metallgerüst für Rankpflanzen vorgesehen ist. Die Terrasse soll für Open-Air-Kinoabende genutzt werden. Mehr als nur ein Filmstudio ist das Gebäude nach dem Umbau ein Kulturzentrum mit vielfältigen Angeboten geworden. Als Basis dient das besonders vielschichtige Raum- und Erschließungssystem, das eine bei einem so kleinen Haus enorme Vielzahl von Nutzungsoptionen ergibt. Der Umbau ist ein ökologisches und soziales Statement – und eines der klügsten Projekte, nicht nur im iranischen Kontext.
Zum Thema:
Baunetzwoche#534 Frühling in Teheran mit weiteren Projekten von ZAV und anderen jungen iranischen Büros.
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