Kultur sucht sich immer wieder gerne neue Orte, die auf den ersten Blick erst einmal abschreckend wirken können. Wie zum Beispiel das städtische Beerdigungsinstitut „Pompes Funèbres“ am Pariser Boulevard Périphèrique. Das kürzlich eröffnete Kulturzentrum Le 104 soll nun „ein neuer Meilenstein in der zeitgenössischen Pariser Kunstszene“ werden. Und die Kreativität wieder nach Paris locken, genauer gesagt in den Pariser Osten.

Schon 2003 wurde das Atelier Novembre (Paris) vom Pariser Rathaus mit der Gestaltung eines neuen Kulturzentrums und dem Umbau des „Pompes Funèbres“, das von 1905 bis 1997 als städtische Begräbnisanstalt fungierte, beauftragt. Es scheint schon etwas zynisch, denn ursprünglich wurde das 1874 erbaute Haus an der Rue Aubervilliers 104 als Schlachthaus genutzt.

Vom toten Fleisch nun also zur Kultur: Mit den Umbauarbeiten wurde im Frühling 2006 begonnen, die letzte Bauphase wird erst Anfang 2009 abgeschlossen sein. Die 39.000 Quadratmeter großen Eisenhallen wurden von den Architekten Jacques Pajot und Marc Iseppi in 17 Künstlerateliers, Konzert- und Theatersäle, eine Buchhandlung, ein Restaurant und ein Café umgebaut. Nun sollen 200 Künstler und Kreative aus aller Welt in Le 104 arbeiten – der Zeitraum ist dabei aber auf ein Jahr begrenzt, und wer keine Einladung bekommt, muss von einer Jury als Mieter ausgewählt werden.

Der seit 2001 amtierende Pariser Oberbürgermeister Bertrand Delanoë erhofft sich durch die Investition von rund 100 Millionen Euro aber nicht nur einen neuen „lieu de création“ in einer nüchternden Atmosphäre Pariser Industriearchitektur, sondern auch eine Stabilisierung, vielleicht sogar Gentrifizierung des Viertels, in dem 70 Prozent der Bewohner Sozialhilfeempfänger sind. Mit dem benachbarten Parc de la Villette und dem nicht weit entfernten Szeneviertel Belleville wird sich sicherlich im Pariser Osten noch mehr verändern.

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