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05.09.2019
Den Ziegel ernst genommen
Büro- und Wohnhaus von NKBAK in Frankfurt am Main
Auffällig an dem kleinen Haus am Peterskirchhof in Frankfurt am Main ist seine Unauffälligkeit: Es scheint fast, als sei der kubische Bau einfach aus der Backsteinmauer herausgewachsen. Der neue Sitz für das Unternehmen Stylepark ist ein beispielhaftes Projekt städtischer Nachverdichtung.
Von Adeline Seidel
Zwei Geschosse staffeln sich mit Rücksprüngen nach oben. Unterschiedlich große Fensterformate brechen die Sehgewohnheiten und verschaffen dem Backsteinbau einen sympathischen Zug, der irgendwo zwischen dezenter Lebhaftigkeit und stoischer Offenheit oszilliert. Das Haus am Peterskirchhof befindet sich mitten in Frankfurts Innenstadt, in einer ruhigen Seitenstraße zur brummenden Einkaufsmeile Zeil. Entworfen haben es NKBAK – Nicole Kerstin Berganski und Andreas Krawczyk für das Unternehmen Stylepark, eine Onlineplattform für Architektur- und Designprodukte. Als eine Art Remise auf dem Grundstück eines bestehenden Altbaus errichtet, grenzt das Haus an den Peterskirchhof, Frankfurts ältesten, christlichen Friedhof, der heute als Ruhehof dient. Der kleine Bau umfasst im Erdgeschoss die neuen Büroräume mit knapp 128 Quadratmetern sowie zwei Wohnungen mit Terrasse im ersten und zweiten Obergeschoss von 60 und 44 Quadratmetern.
Die Erschließung der Büros und Wohnungen erfolgt über das Treppenhaus des Altbaus. Ein eingeschossiger Verbindungsbau im Erdgeschoss verknüpft die Büroräume vom Bestandshaus mit denen im zweigeschossigen Teil des Neubaus. Das Dach des Verbindungsbaus ist als Terrasse ausgelegt. Zugleich werden über diese auch die beiden neuen Wohnungen erschlossen. Das Ensemble aus Altbau und Neubau formuliert zwei Innenhöfe. Beide dienen zur Belichtung der Büroräume, der größere wird zudem als kleiner Garten genutzt. Durch große Fensterflächen zu den Höfen sind die Büroräume überraschend hell. Und aufgrund der transparenten Innenarchitektur entstehen immer wieder interessante Blickbeziehungen zwischen den einzelnen Arbeitsbereichen.
Wirkt der Neubau von außen zurückhaltend, so ist sein Inneres weniger eine Abfolge von geschlossenen Räumen, sondern eine Landschaft, deren Topografie sich über alle Ebenen erstreckt und unterschiedliche Atmosphären bestimmt. Grund dafür ist die lichte Höhe, die variiert – sowohl in den Büroräumen als auch in den Wohnungen. Dadurch entstehen verschiedenartige Stimmungen in den offen gestalteten Grundrissen des Büros und der Wohnungen. Ob man bei einem eher niedrigen Raum lieber den gemütlichen Schlafbereich einrichtet oder es bevorzugt, unter einer hohen Decke und an einem großen Fenster mit Blick in die Baumkrone zu schlafen, das entscheidet allein der Nutzer und nicht die vermeintliche Nutzungsvorgabe eines Zimmers.
Zunächst forcierten NKBAK ein Gebäude, das in seiner Materialität einen Kontrast zur historischen Friedhofsmauer provoziert. „Doch der Denkmalschutz wies den Vorschlag ab. Dadurch eröffnete sich aber eine spannende Diskussion: Das Kubische des Entwurfes sollte nicht verloren gehen, aber es musste ein eigener Ausdruck zur Mauer entwickelt werden, der mit den Ziegeln funktioniert.“, erklärt Andreas Krawczyk. Mit der Auflage, einen Ziegelbau zu realisieren, war der Ehrgeiz des Büros geweckt. „Wer einen Backsteinbau macht, muss den Stein ernst nehmen“.
Das bedeutete für die Architekten: Der Steinrhythmus bestimmt Größe und Lage der Fenster. Blechabdeckungen und Silikon waren untersagt, zur Abdeckung dienen Beton und Mörtel. Dieser Anspruch verlangte eine intensive Detailplanung vorab und gute Handwerker. Insgesamt wurde die Fassade des Hauses mit drei Steinformaten umgesetzt. Produziert wurden die Ziegel vom dänischen Hersteller Petersen Tegl – allesamt per Hand, wodurch die Farbigkeit und Textur leicht variiert. So entsteht der Eindruck, dass die Fassade des Neubaus mit der Mauer verschmilzt. Denn die Zeitschichten, die bereits durch unterschiedliche Steine, Formate und Patina in die Mauer eingeschrieben sind, sollten sichtbar bleiben und von dem neuen Hause weitergeschrieben werden.
Fotos: Thomas Mayer, Patricia Parinejad
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Das Haus am Peterskirchhof von NKBAK in Frankfurt schreibt die Zeitschichten, die sich in der historischen Friedhofsmauer abzeichnen, sorgfältig fort.
Das Projekt umfasst zwei Wohnungen im ersten und zweiten Obergeschoss, sowie ein Büro im Erdgeschoss.
Die Wohnungen überraschen durch unterschiedliche Raumhöhen.
Über zwei Innenhöfe dringt Tageslicht in die Büroräume.
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