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https://www.baunetz.de/meldungen/Meldungen-Aufstockung_im_Berliner_Gewerbehof_von_Karsten_Groot_6493198.html

21.05.2019

Collagenhafte Fortschreibung

Aufstockung im Berliner Gewerbehof von Karsten Groot


Das Gebiet süd- und südwestlich des Moritzplatzes in Berlin unterliegt derzeit einem gewaltigen Trend zur Nachverdichtung. Möglich wird dies nicht zuletzt durch die vielen Kriegsbrachen des einstigen Gewerbeviertels, die in den 1950er und 1960 Jahren nur leicht bebaut worden waren. Das beste Beispiel hierfür ist das ehemalige Gelände der Autovermietung Robben & Wientjes, auf dem Kadawittfeldarchitektur derzeit einen stattlichen Bürobau errichten. Weitere Projekte von ähnlichem Format sind in Planung – die lange Zeit fast schon suburbane Umgebung wird langsam wieder zum dichten Blockrand-Quartier.

Ein Gebäudekomplex, der nicht so recht in das in naher Zukunft vermutlich ziemlich geleckte Bild passt, der aber trotzdem (oder gerade deshalb) für die Gegend von entscheidender Bedeutung ist, wurde ebenfalls gerade erweitert. Die Rede ist von der früheren Armaturenfabrik Aqua Butzke, die den Krieg am alten Standort überlebte und deren Anlage mehrfach durch moderne Bauten erweitert worden war. Mit dem Wegzug der Fabrik Ende der 1990er Jahre entstand hier ein Kreativstandort samt Club, der die Gegend weit über Kreuzberg hinaus bekannt machte. Der aktuelle Boom muss auch in diesem Kontext gesehen werden.

Karsten Groot Architektur
mit Sitz in Hamburg und Berlin haben nun für die Gewerbesiedlungs-Gesellschaft GSG die heterogene Geschichte der heutigen Aqua-Höfe fortgeschrieben. Drei neue Gebäudeteile fügen sie hinzu, von denen zwei auf dem Bestand aufsetzen. Spannend ist dabei die unterschiedliche Struktur, abhängig vom „Unterbau“. Auf den historischen Teil setzt Groot eine dachähnliche Konstruktion aus Holz und Stahl, deren zurückhaltende Staffelung auch den Ansprüchen des Denkmalschutzes genügte. Der zweigeschossige Anbau aus den 1970er Jahren wurde hingegen um zwei Stahlbetongeschosse und einen weiteren reinen Stahlaufbau ergänzt. Außerdem entstand an der Ritterstraße ein Anbau aus Betonfertigteilen.

Diese Komplexität des gelungenen Aufbaus erkennt man von außen übrigens nicht, hier überwiegt der Eindruck eines flachen Zwischengeschosses, das ein elegantes Volumen mit Aluminiumfassade trägt. Möglich wurde die Nachverdichtung durch die statische Reserve des Bestands, der von Werner Weber ursprünglich viergeschossig konzipiert worden war. Groot schreibt außerdem im Inneren Webers Pop-Ansätze fort, was insbesondere die farbliche Gestaltung der Treppenhäuser betrifft. Erhalten wurden ebenfalls die Terrakotta-Verkleidungen und die Holztreppe im Foyer, womit die Collagenhaftigkeit der Gesamtanlage auch hier zu erleben ist. (sb)

Fotos:
Ulrich Schwarz, Berlin


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