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16.04.2019
Symbol in Flammen
Feuer zerstört Notre-Dame de Paris
Die traurige Nacht verlief wie im Zeitraffer. Während die Welt gestern Abend live dabei zuschaut, wie ein Feuer die berühmte gotische Kathedrale Notre-Dame de Paris zerstört, während Menschen am Seineufer weinen, beten und singen und die Feuerwehrleute mit den Flammen kämpfen, verkündet der französische Präsident Emmanuel Macron bereits den Wiederaufbau. Als sich kurz vor Mitternacht die Nachricht verbreitet, dass die Kirche zum Glück nicht komplett zerstört ist, haben bereits Politiker aus aller Welt Mitgefühl getwittert oder Hilfe angeboten. Und bis heute Mittag sind schon 360 Millionen für den Wiederaufbau zugesagt, Unternehmenseigner überbieten sich gegenseitig in der Höhe ihrer Einzelspenden. Wenn letzteres nur auch bei anderen, bei humanitären Katastrophen so wäre.
Die Tragödie ist zur Bühne geworden, am schmerzlichen Verlust ändert das nichts. Die 1163 bis 1345 erbaute Kathedrale ist ein Symbol, nicht nur für Paris. Seit 1979 gehört sie zum Weltkulturerbe und zählt mit jährlich über 10 Millionen Besuchern zu den Hauptattraktionen der Stadt. „Aus bauhistorischer Sicht“, erläutert Christian Freigang, Spezialist für Mittelalterliche Architekturgeschichte und Professor an der FU Berlin, „steht Notre-Dame vor allem für zwei von Innovationen geprägte Phasen“. Die erste Phase drücke sich in den Dimensionen des Chores mit seinem Strebewerk aus, der 1163 mit dem Neubau entstanden war und unter anderem einen entscheidenen Anteil daran hat, dass sich die Chormusik deutlich verändert hat. Die zweite Innovation, so Freigang, gehe auf die Mitte des 13. Jahrhunderts zurück, als sich in Notre-Dame das entwickelte, was wir heute mit Gotik in Verbindung bringen: das extrem filigrane, aufgelöste Mauerwerk.
Erst heute morgen konnte das Feuer vollständig gelöscht werden. Zerstört sind unter anderem der hölzerne Dachstuhl, der überwiegend aus dem 13. Jahrhundert stammte, und der sehr hohe Dachreiter, der Mitte des 19. Jahrhunderts während der großen Restaurierungsphase unter Eugène Viollet-le-Duc entstanden war und gerade restauriert werden sollte. Die meisten Kunstschätze und religiösen Relikte wurden laut Presseberichten rechtzeitig herausgeholt, darunter auch die Dornenkrone, die als eine der wertvollsten Reliquien der Kathedrale gilt. Unter den Menschen in Paris, zu denen auch die Fotografin Erieta Attali gehört, geht bei aller Trauer derweil die Frage um, wie es zu dem Brand kommen konnte. Zugleich dominiere, so Attali, der Wille, die Kirche wieder aufzubauen.
Immer wieder kommt es zu Bränden im Zusammenhang mit Bauarbeiten an Gebäuden. Im Juni 2018 hatte ein Feuer die School of Art von Charles Rennie Machintosh in Glasgow komplett zerstört – während der Sanierung. Im Jahr 2009 brannte es auf der Baustelle von Zaha Hadids Opernhaus in Guangzhou. Und bei Malerarbeiten im Zuge der Sanierung war 1998 ein Feuer im Einsteinturm von Erich Mendelssohn in Potsdam ausgebrochen. Feuerwerkskörper hingegen waren es, die 2009 einen Großbrand neben dem damals noch nicht eröffneten CCTV-Komplex von OMA in Peking ausgelöst und das Bauwerk bis auf das Skelett zerstört hatten. (fm)
Fotos: Erieta Attali
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Das Feuer in Notre Dame de Paris bricht am frühen Abend des 15. April aus.
Später stürzt der Dachreiter aus dem 19. Jahrhundert ein.
Noch vor Einbruch der Dunkelheit ist der Dachstuhl vollständig zerstört.
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