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28.11.2018
Eine kulturpolitische Institution
Hochparterre wird 30
Von Friederike Meyer
Heute, am 28. November 2018, feiert „Hochparterre. Zeitschrift für Architektur, Planung und Design“ Geburtstag. Heute vor 30 Jahren fuhr ein Lastwagen voller Hefte der ersten Nummer in die Gemeinde Wohlen nahe Zürich, wo die Macherinnen und Macher einem neugierigen Publikum aus Architektinnen, Designern und Werbern die erste Ausgabe vorstellten und anschließend schön aßen und Wein tranken – so erzählt es jedenfalls der heutige Chefredakteur Köbi Gantenbein, der Hochparterre gemeinsam mit Benedikt Loderer gegründet hat. Wohlen hatten sie gewählt, weil der dortige Schulneubau von Burkard Meyer Steiger mit seiner spektakulären Saal- und Bibliotheksdecke von Calatrava Thema im Heft war. Verleger Beat Curti hatte kurz vor Drucklegung noch eigenhändig ein Bild ausgetauscht – ein Konstruktionsdetail gegen ein Portrait des Ingenieurs und der Architekten. „People sells“, soll Curti gesagt haben, meint Gantenbein. „Und er hatte ja recht!“, fügt er hinzu.
In der Tat sind es nicht nur die vielen veröffentlichten Bauten und Designideen, sondern auch die Menschen, die Hochparterre und seine Geschichte so einzigartig machen – zumindest in der deutschsprachigen Architekturlandschaft. Bereits zwei Jahre nach der Gründung wollte Curti das defizitäre Heft beerdigen. Doch die Redaktion gab nicht auf, schrieb einen Geschäftsplan, übernahm das Heft und führt Hochparterre heute mit 21 Redakteuren, Designerinnen und Verlagsfrauen als eine Art Aktiengesellschaft mit gleichem Monatslohn und regelmäßig bezahltem Bildungsurlaub für alle.
Wer einmal – so wie ich im Jahr 2016 – ein paar Monate bei Hochparterre arbeiten durfte, wird bestätigen, dass die Selbsteinschätzung, eine kulturpolitische Institution zu sein, die Sache durchaus trifft. In den Diskussionen innerhalb der Redaktion wird nicht nur über Objekte und Raumgestaltung diskutiert, sondern immer auch über diejenigen, die entscheiden, gestalten, verhindern, sich einmischen, anklagen oder andere ausbilden. Respekt und kritische Distanz sind den Redakteurinnen keine Floskel, sondern Grundlage der Recherche.
Seit vielen Jahren sitzt die Redaktion einen Steinwurf vom Zürcher Hauptbahnhof entfernt, der sie mit allen Winkeln der Schweiz verbindet. Und obwohl sich die Themen auf die Eidgenossenschaft konzentrieren, ist der Blick auf das große Ganze eine Selbstverständlichkeit. An meinem Arbeitstisch hing beispielsweise ein „Spickzettel für Stadtplanungskritikerinnen“, geschrieben von der stellvertetenden Chefredakteurin Rahel Marti. Er beginnt mit den Worten: „Gehe hin und frage Dich.“ Und in Punkt 5 hieß es etwa: “Wer verdient und wer bezahlt – die Infrastruktur und den öffentlichen Raum?“
„Dass wir immer noch existieren, macht uns stolz,“ schreiben die Mitglieder von Hochparterre. Ihr soeben erschienenes Jubelheft zum Geburtstag haben sie mit einem Augenzwinkern 30 plus minus genannt mit der Begründung: „Wenn wir in die Zukunft und den Stürmen des Medienmarkts ins Auge blicken, tut etwas Unschärfe ganz gut.“ Möge Hochparterre mit einem gesunden Rückgrat, einem klaren Blick und der vertrauten Portion Selbsthumor als wichtige Stimme in der kulturpolitischen Debatte erhalten bleiben.
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