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24.09.2018

Was vom Gipfel übrig bleibt

Zum Wohnungsbau in der Bundespolitik


Von Friederike Meyer

Die gute Nachricht zuerst: Baustaatssekretär Gunther Adler (SPD) bleibt doch im Amt. Das hat die Regierungskoalition am gestrigen Sonntag abend verkündet. Vergangenen Mittwoch hatte Innenminister Horst Seehofer (CSU) auf einer Pressekonferenz im Zusammenhang mit der Ernennung von Ex-Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen (CDU) zum Staatssekretär die Entlassung Adlers verkündet. Beide Personalien hatten landesweit Entrüstung ausgelöst – die Architektenverbände protestierten gegen die Entlassung Adlers. Der BDA würdigte die inhaltlichen Verdienste Adlers in einer Pressemitteilung, die Bundesarchitektenkammer forderte ein eigenständiges Ministerium für das Thema Bau zu gründen und die Bundesstiftung Baukultur sprach angesichts der inzwischen korrigierten Personalentscheidung von einer „Geringschätzung des Themas Planen und Bauen für alle Akteure der Baukultur.“

Gunther Adler hatte den Wohngipfel im Kanzleramt maßgeblich mit vorbereitet. Vergangenen Freitag waren dort rund 120 Vertreter von Berufs- Eigentümer- und Baulobbyverbänden mit Politikern zusammen gekommen, um über bezahlbaren Wohnraum, beschleunigte Planungsverfahren, das Mietrecht, die Baulandmobilisierung und die Senkung von Baukosten zu sprechen. Die Präsidentin der Bundesarchitektenkammer Barbara Ettinger-Brinckmann nutzte ihre Redezeit, um auf die Notwendigkeit einer qualitätvollen Gestaltung von Wohnungsbauten und Stadträumen hinzuweisen. Die richtige Mischung sei das Geheimnis des Erfolgs einer vitalen, sozialen und nachhaltigen Stadt. Hier sehe sie den Bund insbesondere hinsichtlich der noch an alten Standards der Nutzungstrennung orientierten Baunutzungsverordnung in der Pflicht. Weiterhin sei die Verzahnung von Planungen zwischen urbanen und ländlichen Räumen unerlässlich.

Im Vorfeld des Wohngipfels hatte sich der Beirat der Bundesstiftung Baukultur in einem Positionspapier zu Wort gemeldet und unter anderem die (Re-)Attraktivierung ländlicher Räume, serielles Bauen nach baukulturellen Maßstäben und die Bildung örtlicher „Bodenfonds Wohnen“ vorgeschlagen, die den Kommunen und privaten Investoren Spielräume für eine aktive Standort- und Innenentwicklung eröffnen könnten. Bund, Länder, Städte und Gemeinden sollten auf eigenen Bauflächen selbst entwickeln, planen und bauen, hieß es weiter im Papier.

Auf der Pressekonferenz nach dem Wohngipfel war von Architekturqualität nichts zu hören. Stattdessen zeigen die Ergebnisse des Wohngipfels vor allem Absichtserklärungen. Zum Beispiel wird der Bund für die soziale Wohnraumförderung von 2018 bis 2021 mindestens 5 Mrd. Euro zur Verfügung stellen und für die Städtebauförderung eine Rekordsumme von 790 Mio. Euro. Entbehrliche Bundesliegenschaften will der Bund „verbilligt, beschleunigt und rechtssicher an Länder und Kommunen veräußern“. Am 1. Januar 2019 soll der Entwurf des Mieterschutzgesetzes in Kraft treten, zum 1. Januar 2020 das Wohngeld verbessert sein. Auch ist eine Reform der Grundsteuer ist angestrebt.

Für Gastgeberin Angela Merkel (CDU) war das Treffen „ein Start“, dem nun die Arbeit in den Gesprächskreisen folge. Bemerkenswert war Merkels Aussage, dass es, „um mehr geht, als um das Bauen.“ Die Gestaltung ganzer Quartiere sei entscheidend für die Lebensqualität. Während es in den ländlichen Regionen viel Leerstand gebe, stiegen die Mieten in den Ballungszentren. Es käme darauf an, mehr Wohnungen an der richtigen Stelle zu bauen. Dafür wolle man das richtige Maß an Freiräumen für private Investitionen und Regulierungen einbringen. Der zuständige Minister für Bauen und Wohnen Horst Seehofer, betonte, er habe das Treffen „als Schulterschluss aller“ verstanden und die Bereitschaft der Länder wahrgenommen, eine Musterbauordnung zu formulieren. Seehofer plädierte überdies für die Notwendigkeit eines Fachkräftezuwanderungsgesetzes, das er noch 2018 in den Bundestag bringen will, denn bauen setze Kapazitäten in der Wirtschaft voraus.

Von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) konnte man eine erstaunlich konkrete Zahl vernehmen, nämlich, dass „eine Miete von 10 Euro netto kalt pro Quadratmeter oberhalb des Budgets der meisten Leute in Deutschland liege“. Neben dem Baukindergeld, dem verbesserten Mietrecht und dem Wohngeld erwähnte Scholz die Notwendigekeit, dass der Bund mit der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) dafür sorgen solle, dass die Städte und Gemeinden günstig an Bauland kämen. Darüberhinaus sollten die Ausbildungskapazitäten der Industrie ausgeweitet und die Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen erschwert werden und der Mietspiegel einen längeren Betrachtungszeitraum bekommen, damit der starke Anstieg der vergangenen Jahre weniger ins Gewicht fällt.

Sicher ist, die Architekturqualitätsdebatte bleibt weiterhin Aufgabe der Fachleute in den nachgeordneten Behörden. Dass sie diese zum Teil sehr gut wahrnehmen, und das ist die andere gute Nachricht, konnten die Gäste des Fachsymposiums zum Wohnungsbau erleben, das das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) anlässlich des Modellvorhabenprogramms „Variowohnungen“ vergangenen Donnerstag in Berlin veranstaltet hatte. Erfahrene Planer und Forscher wie zum Beispiel der Stuttgarter IBA-Intendant Andreas Hofer, die Wiener Architektin Anna Popelka und Ricarda Pätzold vom Difu diskutierten über die notwendige Vielfalt der Wohnungsschlüssel und elastische Grundrisse, über Standards als limitierende Elemente und die in den vergangenen Jahren weggesparte städtebauliche Praxis, und darüber, dass mit Wohnbau eben immer auch Stadt gebaut würde.


Zum Thema:

Das ausführliche Ergebnis des Wohngipfels unter www.bmi.bund.de


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