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16.07.2018

Gute Architektur muss provozieren

Walter von Lom wird 80


Von Uta Winterhager

Am heutigen 16. Juli 2018 feiert der Kölner Architekt Walter von Lom seinen 80. Geburtstag. Bis heute ist sein Haus in der Rheingasse 16 mit dem Sichtbetonsockel und der plastisch gestalteten Fassade aus Aluminium und Glas von Loms Visitenkarte. Drinnen geht es mit einem kleinen orangeroten Aufzug nach oben. Es gibt Terrassen zum Hof, große Fenster zur Stadt und zum Grün. Alles greift ineinander: Sowohl die Wohnungen, die intern mit einer Wendeltreppe verbunden sind, als auch das benachbarte, denkmalgeschützte Kontor- und Warenhaus von 1910, das von Lom Anfang der 90er Jahre hinzukaufte, als Büro und Familie gewachsen waren.

Im Erd- und den erstaunlich tageslichthellen Untergeschossen war bis 2012 das Büro der von Lom Planungs GmbH für Generalplanung und städtebauliche Aufgaben untergebracht. 1993 hatte von Lom Hubert Meuser sowie Dierk und Siegfried Ellegiers zu seinen Partnern gemacht, 1999 mit ihnen und Bernhard Werth die GmbH gegründet. Von den Partnern sitzt heute noch einer in den Räumen. Die anderen Arbeitsplätze sind vermietet, denn Leer- und Stillstand mag von Lom nicht. Teile des zweiten Untergeschosses nutzt er als Archiv. Hier lagern Hunderte von Zeichenrollen in Regalen bis zur Decke, alle beschriftet. Nebenan findet man Modelle.

Von Lom ist einer, der vermitteln möchte und dafür auch unkonventionelle Wege geht. An der RWTH Aachen – wo zu seiner Studienzeit Rudolf Steinbach, Fritz Eller und Gottfried Böhm unterrichteten – lernte er etwas für seine Generation Unerhörtes: Das kritische Denken, das die Suche nach eigenen Lösungen bedingt. Nach dem Diplom arbeitete er bei Margot und Joachim Schürmann in Köln. Ihr Thema war das maximale Minimieren der Konstruktion, was gelegentlich auch zu Lasten der Bauphysik ging. Über Wettbewerbe fand von Lom den Weg in die Selbständigkeit und begann parallel mit dem Bau seines Hauses in der Rheingasse, was potentielle Bauherren überzeugte, den jungen Architekten nach einem Wettbewerbssieg auch zu beauftragen.

So realisierte von Lom bis 1977 drei Projekte, die man im Zusammenhang sehen muss: Erstens die Sanierung und Ergänzung des historischen Zentrums von Lemgo, wo er die bestehenden Strukturen fortsetzen konnte, statt abzureißen und neuzubauen. Zweitens die Pavillons für die Ausstellung des Freilichtmuseums Kommern, die er als lichte Holzkonstruktionen in den Wald stellte, um den Blick auf die Umgebung nicht zu verbauen. Und drittens das kreuzförmige Rudiment der Kirche St. Maria Herten, das er auf sinnfällige Weise ergänzte. Auf diese vielfach ausgezeichneten Projekte konnte er, wenn auch nicht finanziell, so immerhin inhaltlich aufbauen.

Nach den frühen Projekten, für die er in ihrem historischen Kontext sehr zeitgenössische Lösungen entwickelt hatte, kamen Aufträge direkt über die Denkmalpflege. Beispielsweise das Kaufhaus Leffers am Bonner Münsterplatz (1986), wo er mit Betonfertigteilen auf die gründerzeitlichen Nachbarn reagierte oder die Trinkwasseraufbereitungsanlage in Köln-Westhoven (1988), die er mit einem Bau aus Stahl und Glas erweiterte. „Irgendwie ist es eine Antwort geworden“, sagt er heute schmunzelnd. Auch der Umbau der denkmalgeschützen Halle 11 im Kölner Rheinauhafen zum Deutschen Sport und Olympia Museum (1999) mit dem populären Ballspielplatz auf dem Dach war ein Direktauftrag. Aus den frühen Kontakten zur Kirche kamen zahlreiche Aufforderungen zur Teilnahme an Wettbewerben. Das Altenzentrum Haus Grefsgarten in Viersen (1984) und das Kölner Altenzentrum St. Vincenz (1986) bereiteten die Basis für nachfolgende soziale Bauten.

Guter Architektur gesteht er viel zu, von der Wildheit bei Günter Behnisch und Zaha Hadid bis zur Klarheit Mies van der Rohes. „Mein Spektrum ist relativ breit“, antwortet er auf die Frage nach seiner eigenen Handschrift. Sein umfassendes Oeuvre beziffert er auf 120 Bauten, doch nur 40 würde er dokumentiert vorzeigen. „Wahnsinnig viele“ Wettbewerbe – rund 400 – habe er gemacht. Gewonnen hat er davon etwa ein Zehntel, gut die Hälfte bekam immerhin einen Preis. Rund 90 Prozent seiner Aufträge stammten aus Wettbewerbsgewinnen. Und dennoch blickt er mit etwas Wehmut darauf zurück, dass nicht jeder Entwurf so erfolgreich war wie erhofft und dass einer seiner schönsten ersten Preise, die Domsingschule Köln, nie gebaut wurde.

In rund 350 Preisgerichten hat von Lom gesessen und darin viele wichtige Entscheidungen deutschlandweit mitgeprägt. Der Wettbewerb sei das beste Engagement, um Baukultur zu machen, meint er: „Das wichtigste ist, die Politiker, die von Architektur und Städtebau keine Ahnung haben, mitzunehmen, so dass man das Ergebnis hinterher gemeinsam durchtragen kann.“ Aber „gute Architektur muss immer auch provozieren, wir brauchen Diskussionen.“ Dieser Haltung ist es zu verdanken, dass von Lom keine Scheu zeigte, neben dem Berufsalltag Ämter zu bekleiden. So war er unter anderem Vorsitzender des BDA Köln,  Gründungsmitglied der Bundesstiftung Baukultur und Vorsitzender des Gestaltungsbeirates in Köln, dessen Schaffung er angeregt hatte.

„Unter Kollegen muss man kollegial sein.“, betont von Lom, dem es ein Anliegen ist, die baukulturelle Diskussion überall hinzutragen. Walter von Lom hat viel geschaffen, als Architekt, aber auch als Kollege, als einer, der sein Fachwissen teilt und sich nicht scheut, es in der Breite zu vermitteln. Angewandte Baukultur – davon wünschen wir uns mehr!


Zum Thema:

Das Ungers Archiv für Architekturwissenschaften (UAA) in Köln wird im September eine von Andreas Denk kuratierte Ausstellung mit einer Auswahl von zehn Projekten von Loms zeigen: www.ungersarchiv.de


Kommentare:
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Walter von Lom

Walter von Lom

Von Loms Haus in der Kölner Rheingasse 16, mit dem er eine Kriegslücke schloss.

Von Loms Haus in der Kölner Rheingasse 16, mit dem er eine Kriegslücke schloss.

1992 wurde die Sanierung des angrenzenden Hauses Rheingasse 14 vollendet.

1992 wurde die Sanierung des angrenzenden Hauses Rheingasse 14 vollendet.

Der unrealisiert gebliebene Wettbewerbsentwurf für die Kölner Domsingschule von 1986 ist für von Lom einer seiner schönsten ersten Preise.

Der unrealisiert gebliebene Wettbewerbsentwurf für die Kölner Domsingschule von 1986 ist für von Lom einer seiner schönsten ersten Preise.

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