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18.06.2018
Gebauter 3D-Effekt
Hotel von Zaha Hadid Architects in Macau
So könnte es gewesen sein: In der Londoner Zentrale von Zaha Hadid Architects blickt das Entwurfsteam auf einen gerenderten „Klotz“. Das Hotel, das sie in Chinas Casino-Paradies Macau entwerfen sollten, darf gemäß Auflage in der chinesischen Sonderverwaltungszone 160 Meter Höhe nicht überschreiten und muss zudem auf dem rechteckigen Grundriss eines bestehenden Fundaments errichtet werden. So hatte es der Bauherr Morpheus Hotels vorgegeben. Während sich die Architekten über die Klobigkeit der Gebäudeausmaße ärgern, fahren sie einfach mal mit der Maus über das Rendering, stellen einen Liquid-Effekt ein und stupsen hier und da in das Bild, bis der Klotz aussieht wie zähflüssiges Glyzerin in einer schachtelfömigen Ampulle, in das sich drei Luftblasen verfangen haben und nun langsam nach oben dringen. Wie gesagt, so könnte es gewesen sein.
Zaha Hadid Architects aber haben eine ganz andere, viel hochtrabendere Erklärung für ihren Entwurf. Das vergangenen Freitag eröffnete Morpheus-Hotel mit seinen 40 Stockwerken und zwölf Fahrstühlen erweckt den Anschein, flüssig zu sein und nur dank eines sich mehrfach dehnenden und streckenden Exoskeletts festgehalten zu werden. Die Architekten bezeichnen diesen Eindruck als die Verbindung des „Kartesischen Systems” mit dem „Einsteinschen System”, also die Verbindung des Rasters mit dem Dehnen und gelegentlichen Verschwinden, das die blasenförmigen Löcher in der Fassade aufzeigen. Diese Löcher, um die sich das gesamte Gebäude nun wölbt, sei ein „urbanes Fenster“, mit der die Exklusivität des Hotels eine öffentliche Funktion bekäme, denn die Öffnungen würden einen Ein- und Durchblick auf die Stadt geben – auch für diejenigen, die sich dieses luxuriöse Hotel nicht leisten könnten.
Das Gebäude besteht aus zwei Türmen. Das Erdgeschoss mit seiner opulenten Lobby – die Rezeption ist eine prismaartig geformte Landschaft aus weißem Marmor – und die Dachterrasse verbinden beide Türme statisch. Das Innere der Türme ist weitestgehend spiegelsymmetrisch angelegt. So reihten die Architekten auf den meisten Etagen die Hotelzimmer entlang der Außenwand. Im 21. Stockwerk, wo eine von zwei Brücken die beiden Türme verbindet, ist ein Restaurant eingerichtet. Seine beeindruckende Innenarchitektur, deren Tischgruppen mit einem Schuppenpanzer aus vergoldeten Flügelchen umrahmt sind, verspricht eine gehobene Küche, die das Morpheus mit französischen Sterne-Köchen bewirbt.
Der gesamte Bau ist eine Konstruktion aus verspiegeltem Glas in Stahlrahmen, die von einem komplexen Außenskelett gehalten wird. Bis zu 30 Zentimeter ist das statisch wirksame Gerüst vom Kerngebäude entfernt und nur über die Knotenstücke mit den Glastürmen verbunden. Und das ist nur das sichtbarste der vielen Details einer aufwändigen Mathematik, die hinter diesem gebauten 3D-Effekt steht. (sj)
Fotos: Ivan Dupont, Virgile Simon Betrand
Kommentare:
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Das Morpheus Hotel in Macau wurde auf einem bestehenden Fundament errichtet und sollte nicht höher als 160 Meter sein.
Zaha Hadid Architects inszenieren in der über mehrere Etagen reichenden Lobby das Außenskelett des Baus als dekorative Skulptur.
Mit der Glasfassade wölbt und dehnt sich auch das Außenskelett, das die Statik des Gebäudes bildet.
Auch im Inneren meint man, die Fassade von Zaha Hadid Architects sei nicht fest, sondern flüssig.
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