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19.03.2018
Altenwohnen jenseits der Norm
Wulf Architekten in Kornwestheim
Eine H-förmige Gebäudefigur, die aber derart verzerrt ist, als wäre der Wind hindurchgefegt; Fenster, die seitlich in einem spitzen Winkel von der Fassade abgehen – solch ein skulpturaler Umgang mit einem Gebäude liest sich gewöhnlich als architektonische Extravaganz. Doch es scheint, als hätten wulf architekten (Stuttgart) im baden-württembergischen Kornwestheim schlicht versucht, trotz ökonomischer Restriktionen angenehme Räume für die betagten Bewohner ihres Pflegeheims zu schaffen. Heraus kam beim Jakob-Sigle-Heim eine schöne Abweichung von der Norm.
Das Neubauprojekt für das Wohnheim besteht aus zwei Einzelbauten, von denen nun der erste, H-förmige Bau fertig ist. Ein zweiter, seitlich aufgefächerter Riegel, wird voraussichtlich 2019 fertiggestellt. Da die Stuttgarter Architekten die beiden Neubauten auf dem Grundstück des Bestandbaus und bei laufendem Pflegebetrieb errichten mussten, teilten sie die Realisierung der Anlage in zwei Phasen auf.
Das dreigeschossige Hauptgebäude mit seinen sechs Wohngruppen bricht mit der städtebaulichen Struktur der Umgebung, in der vor allem Mehrfamilienhäuser der Nachkriegszeit stehen. Der Neubau bricht diese starre Anordnung mit seinen ausgreifenden Gebäudearmen auf und formuliert halböffentliche Plätze. Diese auffällige städtebauliche Positionierung des Altenheims unterstreicht zudem die neue Rolle des Baus. Mit seinem lichten Veranstaltungssaal im Erdgeschoss soll das Haus auch ein soziales Zentrum im gesamten Quartier werden.
Die außergewöhnliche Form entwickelten wulf architekten aus der Anforderung heraus, in den Wohngruppen mit jeweils 15 Einzelzimmern möglichst kurze Wege zu schaffen und Redundanzen wie mehrfache Personalräume je Etage zu vermeiden, um – wie im kostensparenden Gesundheitssektor üblich – den Pflegebetrieb mit wenig Personal gewährleisten zu können. Deshalb bündelten die Architekten alle Pflegeräume, Bäder und Personalräume im Kern des Baukörpers. Trotzdem sollten die gereihten Einzelzimmer der Bewohner genügend Licht erhalten. Daher streckten die Architekten die Gebäudearme weit nach außen.
Die Einzelzimmer der Wohngruppen sind lediglich 14,7 Quadratmeter groß. Um den Eindruck von mehr Weite zu erwecken, ließen die Architekten die Panoramafenster der Zimmer in einem leichten Winkel von der Fassade abgehen. Innen führt dies zu einer Art kleiner Erker, der – mit einem Holzfensterbrett ausgestattet – als Sitzbank genutzt werden kann. Bei so viel löblicher Empathie der Architekten fällt die Materialwahl eher ein wenig kühl aus: Innen Sichtbeton und Industrieboden, außen hell- und dunkelgrauer Strukturputz sowie ebenso graue Fensterelemente. (sj)
Fotos: Markus Guhl
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Das Neubauprojekt besteht aus zwei Einzelbauten, von denen der erste nun fertiggestellt wurde.
Die leicht ausgestellten Fenster schaffen ein bewegtes Fassadenbild.
Innen dominieren Sichtbeton und Industrieböden.
Durch die ausgreifenden Arme des Baukörpers wird der Aussenraum gefasst.
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