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15.11.2017

Liebesbeweis

Studio KO bauen Museum für Yves Saint Laurent in Marrakesch


Marrakesch war für Yves Saint Laurent bis zu seinem Tod 2008 Ersatzheimat. In der Roten Stadt im Süden Marokkos entdeckte er Farbe und Licht, nirgends wirkte er kreativer und fand zugleich einen Rückzugsort vom hektischen Modebusiness. Wie stark der Modemacher von Marrakesch geprägt wurde, zeigt das kürzlich eröffnete Museum von Studio KO.

In seinen Tagebüchern beschreibt Yves Saint Laurent seine Zeit in Marrakesch als überaus glücklich. Land und Leute erinnerten ihn an seine Kindheit in der algerischen Stadt Oran. Obwohl Saint Laurent in Algerien geboren und aufgewachsen ist, war es Marokko, das zu seinem zweiten Zuhause wurde. Die Farben, das Licht, die schmuckvollen Gebäude und farbigen Kleider inspirierten ihn zu seinen Entwürfen. So kreativ wie in Marrakesch war der Modeschöpfer nirgendwo.

Das neue YSL-Museum ist daher nicht nur dem Werk des 2008 verstorbenen Künstlers gewidmet, sondern auch Marokko selbst. So erinnern die kleinen grünen Kacheln im Eingang an die Fliesen in den viereckigen Minaretten der marokkanischen Großstadt und die rosa schimmernden Mauern an die Granitberge des Ourika-Tals, eine Stunde von Marrakesch entfernt.

Liebe auf den ersten Blick

1966 reiste Yves Saint Laurent erstmals nach Marrakesch – und verliebte sich sofort. Er kaufte Dar el Hanch („Haus der Schlange“), ein Haus in der Altstadt und kam von da an regelmäßig mit seinem Lebensgefährten Pierre Bergé, um abseits des Pariser Modezirkus Ruhe zu finden. Bei einem Spaziergang entdeckten die beiden 1980 den völlig verwilderten Garten Jardin Majorelle, der einem Hotelkomplex weichen sollte. Das Paar kaufte ihn kurzerhand, restaurierte den Garten und das kobaltblaue Gebäude.

Yves Saint Laurent feierte hier mit Freunden wie Andy Warhol, Loulou de La Falaise und Betty Catroux, erlebte aber auch schwere Abstürze durch Drogen und Alkohol. Nach seinem Tod ließ Pierre Bergé die Asche des Modeschöpfers im privaten Teil des Gartens verstreuen. Direkt daneben steht heute das YSL-Museum.

Das Erbe des großen Modeschöpfers

Bergé war es auch, der vor drei Jahren das 15 Millionen teure YSL-Museum in Marrakesch in Auftrag gab. Das Werk von Yves Saint Laurent verdanke diesem Land viel, schrieb Pierre Bergé, deshalb sei es ganz normal, dass in Marrakesch ein solches Museum entstehe. Bergé, Geschäftsmann, Kunstliebhaber und millionenschwerer Mäzen, baute zusammen mit Yves Saint Laurent ab 1961 das Modehaus YSL auf. Er machte sich auch für den Umbau des ehemaligen YSL-Stammsitzes in Paris stark. Nach Plänen von Nathalie Crinère und Jacques Grange, der bereits Inneneinrichter für Saint Laurents Landsitz Chateau Gabriel war, eröffnete Anfang Oktober das 400 Quadratmeter große Pariser Museum.

Für Marrakesch bat Bergé Studio KO (Paris/Marrakesch/London), das auch für den Balmain Flagship Store in New York verantwortlich ist, ein Museum zu entwerfen, das Saint Laurents und, zu einem kleineren Teil, auch sein eigenes Erbe beherbergen sollte. „Bergé hat uns gewählt, ohne vorher Entwürfe gesehen zu haben", erklärte Architekt Olivier Marty später.

Die Wahl fiel nicht zufällig auf Olivier Marty und Karl Fournier und ihr Studio KO. Die französischen Architekten arbeiten seit 20 Jahren regelmäßig in Marokko, entwarfen Häuser für Hermés und die Familie Agnelli. Ihre Arbeit spielt – ebenso wie die von Saint Laurent – mit Farbe und Licht unter Bezugnahme lokaler Traditionen.

Für das Museum wünschte sich Bergé ein starkes, marokkanisches Gebäude, 4.000 Quadratmeter groß, zeitgenössisch und vor allem: absolut kompromisslos. Ein gewaltiger Auftrag für Studio KO, die bis dato vor allem Privathäuser realisiert hatten. Das Wagnis gelang. „Mit diesem Museum gehören Karl Fournier und Olivier Marty in die Reihe von Architekten, an deren Namen wir uns erinnern werden“, sagte Pierre Bergé schon vor der Eröffnung am 19. Oktober, die er selbst nicht mehr erlebte. Bergé starb am 8. September mit 86 Jahren in seinem Haus in der Provence.

Hommage an Struktur und Farbe

„Das Gebäude soll sehr streng, dabei aber weich wirken“, erklärt Fournier. „Das Museum ist eine Ode an Marokko, das Yves Saint Laurent genauso geliebt hat, wie wir es tun.“ Studio KO griff auf lokale Materialien wie Terrakotta, Beton, marokkanisches Gestein und Marmor zurück. Außen ziert das Gebäude ein schlichtes Mauerwerk, eine Kreuzung aus Würfeln und mehreren Lagen Ziegel, die an die Struktur von textilem Gewebe oder auch die Oberfläche einer Leinwand erinnern sollen.

Studio KO entwickelten das Haus mit einem Team aus jungen Marokkanern und setzen auf klare Linien und einen schlichten Stil, für den auch Yves Saint Laurent  berühmt geworden ist. Verbunden mit einem Design, der an das heiße Wüstenklima angepasst ist. Der Grundriss soll einem Schnittmuster ähneln.

Minimalismus und Luxus

In der Dauerausstellung ist ein Teil der rund 5000 Kreationen von Yves Saint Laurent zu sehen, darunter 100 Couture-Kleider, tausende Accessoires und zahlreiche Zeichnungen. Präsentiert werden auch seine schwarzen Ensembles wie der Damen-Smoking, mit dem er die Konventionen auf den Kopf stellte. Neben der Dauerausstellung beinhaltet der Neubau auch einen Konzertsaal, eine Galerie für Fotoausstellungen, eine Forschungsbibliothek, ein Café und ein 700 Quadratmeter großes Archiv inklusive Restaurationsräumen.

Der Bau ist, wie jedes Projekt von Studio KO, ein Abbild vom Kontext: der Ort, der Auftraggeber, die Geschichte dahinter. „Das Museum verbindet zwei Welten, die uns am Herzen liegen: Mode und Marokko“, erklären Fournier und Marty. Für Yves Saint Laurent realisierten sie eine Mischung aus anspruchsvollem Minimalismus und zurückhaltendem Luxus. (kat)

Fotos: Nicolas Mathéus, Reginald Gray, Pierre Bergé


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Roter Backstein bestimmt die Fassade des YSL-Museums in Marrakesch.

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Über dem Eingang thront ein schalenartiger Aufbau.

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Yves Saint Laurent auf dem Platz Djemaa el Fna mitten in Marrakesch.

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Die südliche Fassade, hinter der sich das Auditorium verbirgt.

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