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24.10.2017
Block mit Türmen
Projekt von Nöfer Architekten an der Spree
Langsam nimmt in Berlin Gestalt an, was bereits vor Dekaden entschieden wurde. Schon 1992 fand ein Ideenwettbewerb zum Spreeraum Friedrichshain-Kreuzberg statt, auf dessen Grundlage der Senat 2001 einen Leitbildplan festlegte. Für die Friedrichshainer Spreeseite nahe des heutigen Ostbahnhofs heißt es seitdem, dass dort einmal „ein Spannungsverhältnis zwischen blockartigen, die Horizontale betonenden Abschnitten und punktuellen vertikalen Dominanten” entstehen soll. Zum Wohnen ist bislang nur eine dieser vertikalen Dominanten realisiert wurden, die Living Levels von NPS Tchoban Voss. Nun folgen weitere und mit ihnen die schnittigen Anglizismen: Upside Berlin heißt der Apartmentkomplex aus zwei schlanken Hochhäusern, den Nöfer Architekten (Berlin) im Zentrum eines noch fragmenthaften Wohnquartiers rund um die ehemalige O2-Arena, heute Mercedes-Benz-Arena derzeit bauen.
Auf 60.000 Quadratmetern Nutzfläche werden die Architekten den historischen Berliner Blockbau um 1900 mit dem in der Hauptstadt doch recht ungewohnten Wohnhochhaus verbinden. Aus zwei Sockelbauten, die die klassische Berliner Traufhöhe andeuten, sollen die 86 Meter und 95 Meter hohen Türme herauswachsen. Die einzelnen Volumen, die insgesamt 420 Wohnungen sowie Läden und Büros bieten werden, sollen einheitlich mit Travertin verkleidet und so klar als Ensemble markiert werden. Ebenfalls planen die Architekten alle Gebäudekanten durchgehend abzurunden und zum großen Teil Fensterbänder einzusetzen. Diese Gestaltungsmerkmale erinnern an das unweit gelegene Haus des Deutschen Verkehrsbundes von Max und Bruno Taut (1929) oder gar entfernt an das Shell-Haus von Emil Fahrenkamp im Westteil Berlins, das mit seiner abgetreppten Straßenfassade jedoch um etliches unkonventioneller ist. Selbst ohne Vorbild wird deutlich: Nöfer Architekten orientieren sich gestalterisch an einer soliden und konservativen Spielart der Berliner Moderne.
Städtebaulich greifen die Architekten noch weiter in die Geschichte zurück: Zwei innerstädtische Plätze formulieren die u-förmigen Sockelbauten. Klassische Geschäftsvitrinen und Eingänge, die von monumentalen Halbsäulen markiert werden, öffnen die Gebäude auch im Einzelnen zur Straßenebene. Mit diesem Arrangement rufen Nöfer Architekten den Berliner Städtebau der Frühmoderne wach. Urbanes Wohnen, Arbeiten und Einkaufen in kleinteiligen und sozialen Quartieren mit Platz- und Hofanlagen – so entwarfen viele Stadtplaner im Berlin der Industrialisierung, von Karl Friedrich Schinkel bis Arthur James Hobrecht. Wie auch die 33 Architekten der WerkBundStadt antworten Nöfer auf die aktuellen Herausforderungen von Verdichtung und Wohnungsmangel mit den Lösungsansätzen der Geschichte. Nach Lösungen zu suchen ist gut, trotzdem: Städtebau des 19. Jahrhunderts, Gestaltung aus dem frühen 20. Jahrhundert – ist das nicht sehr viel Gestern? (sj)
Zum Thema:
Mehr zu den städtebaulichen Ansätzen der WerkBundStadt in der Baunetzwoche#468
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