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29.09.2017
Die Kuppel von Böhm
Tag der offenen Tür in Kölner Zentralmoschee
Es war ein historischer Tag in Ehrenfeld. Mit dem ersten Freitagsgebet am 9. Juni 2017 war die vielleicht prominenteste Kölner Dauerbaustelle der letzten Jahre beendet. Nachdem im November 2009 der Grundstein gelegt und im Februar 2011 Richtfest gefeiert wurde, war man noch davon ausgegangen, dass die Zentralmoschee ein knappes Jahr später eingeweiht werden kann. Doch es kam erst einmal anders. Proteste von Rechts gegen den Bau wurden von medial ausgebreiteten Querelen um Minaretthöhe, Baumängel und Finanzlöcher begleitet. Im Juni waren alle Beteiligten einfach froh, dass das islamische Gotteshaus nun fertig ist.
Der kühne Entwurf vom Architekturbüro Paul Böhm (Köln), der 2006 aus einem Wettbewerb hervorgegangen war und später in Zusammenarbeit mit dem Bauherrenvertreter der Ditib Selim Mercan realisiert wurde, zeigt nicht nur eine stolze Alternative zu den versteckten Hinterhof-Moscheen. Er stellt auch einen modernen Gegenentwurf zum gängigen Moscheenbau vieler Ditib-Gemeinden dar, die häufig den historischen, osmanischen Zentralkuppeltypus lediglich in Stahlbeton nachahmen. Paul Böhm greift zwar auch den klassischen Kuppelbau türkischer Moscheen auf, interpretieren ihn aber architektonisch neu.
Der imposante Bau entwickelt sich aus einer 32 Meter hohen Kuppel. Unter ihr befindet sich der reich verzierte Gebetsraum. Sechs Betonschalen umreißen die zentrale Kuppelfigur. Dabei sprengen die Schalen scheinbar aus dem Mittelpunkt heraus und bilden schließlich die Umrisse eines rechteckigen und dennoch zentral orientierten Baus. Die einzelnen Schalen werden von Glasbahnen durchbrochen. Zwei 55 Meter hohe, gewundene Minarette flankieren den skulpturalen Kuppelbau aus massivem Beton und transparentem Glas.
Die Zentralmoschee in Ehrenfeld ist nicht nur Gebetsraum sondern ein ganzer sozialer Komplex. Weitere Veranstaltungs- bzw. Schulungssäle, ein Verwaltungstrakt, ein Bazar und eine Tiefgarage reihen sich um den Gebetsraum. In zwei sachlich zurückgenommenen Riegelbauten bringen die Architekten die profanen Nutzungen unter. Der Kuppelbau, ein würfelartiger und ein schmaler Gebäuderiegel bilden gemeinsam einen großen, über der Straßenebene liegenden Platz. Der dreiseitig umschlossene Hof öffnet sich über eine ausladende Treppe zur Venloer Straße, die, mit Wasserkaskaden bespielt, die gesamte Anlage zur Stadt auftut.
Am kommenden Dienstag, dem 3. Oktober, wird der Kölner Ditib-Verband die Pforten des Gotteshauses erstmals für alle öffnen. Denn der Tag der Deutschen Einheit ist seit 1997 zugleich auch Tag der offenen Moschee. Über 1000 Moscheen werden in Deutschland geöffnet sein. Das diesjährige Motto: „Gute Nachbarschaft – bessere Gesellschaft“. Ein guter Anlass, einen Blick in den Bau zu werfen, der für so viele Debatten gesorgt hat. (sj)
Fotos: Chris Schroeer-Heiermann
Zum Thema:
Die Bauwelt wird eine ganze Ausgabe dem Moscheenbau widmen. Sie erscheint am 20. Oktober.
Die Debatte um die Zentralmoschee in Köln gab bereits 2008 Anlass für eine Ausgabe der Baunetzwoche#84, in der Christian Welzbacher einen kritischen Blick auf die Architektur des Euro-Islam warf.
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