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18.09.2017
Neuer Lifestyle in der Platte
Temporäres Wohnen in Berlin von GBP Architekten
Viele Jahre stand der lange, monotone Riegel am nördlichen Ende der Warschauer Straße nahe des Frankfurter Tors in Berlin-Friedrichshain leer. Nun erstrahlt er in neuer Pracht, energetisch ertüchtigt, ästhetisch stark überformt, im Hinterhof nachverdichtet und mit völlig verändertem Programm. Im Auftrag des Immobilienentwicklers Cresco Capital gestalteten GBP Architekten (Berlin) den ehemaligen Verwaltungsbau aus den Siebzigerjahren zu einem Wohngebäude um. 485 Studentenwohnungen und 82 Mikroapartments (die als serviced apartments vermietet werden) bietet das Ensemble nun. Der lange Riegel des entkernten und völlig neu organisierten Altbaus wurde um ein Staffelgeschoss erweitert, im Hinterhof entstanden zwei Neubauten.
Zuerst ein Blick ins Innere, denn dort darf man trotz der repetitiven äußeren Anmutung des Gebäudes dank des Programms eine gewisse Lebendigkeit erwarten. Tatsächlich ist die Gestaltung denn auch durchaus ambitioniert. Sie reiht sich ein in den aktuellen Trend, die Strukturen des Bestandsbaus freizulegen und in ihrer rauen, unverkleideten Materialität zu zeigen. Kombiniert wird der so inszenierte Sichtbeton mit im besten Sinne einfach gehaltenen Einbauten und farbigen Designobjekten, ohne dass das Ergebnis überladen wirkt. Die Konzeption und Gestaltung der großzügigen Lobby dieser neuen Art „privatwirtschaftlichen Studentenwohnheims“ lehnt sich an aktuelle Hoteltrends an.
Zurück auf der Straße überrascht dann im Kontrast zum Beton die formale Reprogrammierung der Fassade. Sie lässt nämlich den architektonischen Paradigmenwechsel der letzten Jahrzehnte und die noch immer anhaltende Freude am „Steinernen Berlin“ erkennen, die von vielen konservativ orientierten Akteuren der Hauptstadt geteilt wird. Obwohl die Architekten das Verhältnis offener und geschlossener Flächen übernahmen, schufen sie durch die Ausgestaltung des Wärmedämmverbundsystems einen völlig neuen Ausdruck. Aus einem nüchtern und seriell geordneten DDR-Stahlbetonfertigteilbau mit straff gespannter Hülle wurde ein gravitätischer Baukörper, der deutliche Anleihen an der moderat modernen Formensprache der Zwischenkriegszeit macht.
Die konstruktiv bedingten, tiefen Fensterlaibungen, die markanten Gesimse, die Fenster mit ihrem kleinteiligen Sprossenraster und die mit grünen Kacheln verkleideten Mittelstützen zitieren das Berlin der Vorkriegszeit. Das passt konzeptionell nicht wirklich zu den frei gelegten Spuren und Strukturen des hochindustrialisierten Bauens im Inneren. In sich kann das Haus jedoch als ein Gemisch unterschiedlicher Zeitebenen begriffen werden, aufgepeppt mit Design und angetrieben durch die Mechanismen des aktuellen Berliner Immobilienmarkts: Nach außen konservativ, innen ein bisschen wild und auf jeden Fall zeitgenössisch.
Ob das alles in sich stimmig ist, sei dahingestellt, aber was sich hier idealtypisch niederschlägt, ist der Trend zum flexiblen all inclusive-Wohnen in bester innerstädtischer Lage. Dass das Wohnen in einem solchen Haus nicht ganz billig ist, liegt auf der Hand. Acht unterschiedlich große Typen an Studentenwohnungen werden angeboten. Die kleinste Wohnung hat 18 Quadratmeter Wohnfläche und ist – laut Website des Anbieters – ab 635 Euro im Monat zu haben. An den ökonomischen Möglichkeiten durchschnittlicher Studenten, die sich ohne finanziellen elterlichen Background durchschlagen, geht das Angebot also weit vorbei – ob das Leben dort am Ende aber aufregender ist als in einer echten Studenten-WG, muss sich noch zeigen. (gh)
Fotos: Anastasia Hermann
Zuerst ein Blick ins Innere, denn dort darf man trotz der repetitiven äußeren Anmutung des Gebäudes dank des Programms eine gewisse Lebendigkeit erwarten. Tatsächlich ist die Gestaltung denn auch durchaus ambitioniert. Sie reiht sich ein in den aktuellen Trend, die Strukturen des Bestandsbaus freizulegen und in ihrer rauen, unverkleideten Materialität zu zeigen. Kombiniert wird der so inszenierte Sichtbeton mit im besten Sinne einfach gehaltenen Einbauten und farbigen Designobjekten, ohne dass das Ergebnis überladen wirkt. Die Konzeption und Gestaltung der großzügigen Lobby dieser neuen Art „privatwirtschaftlichen Studentenwohnheims“ lehnt sich an aktuelle Hoteltrends an.
Zurück auf der Straße überrascht dann im Kontrast zum Beton die formale Reprogrammierung der Fassade. Sie lässt nämlich den architektonischen Paradigmenwechsel der letzten Jahrzehnte und die noch immer anhaltende Freude am „Steinernen Berlin“ erkennen, die von vielen konservativ orientierten Akteuren der Hauptstadt geteilt wird. Obwohl die Architekten das Verhältnis offener und geschlossener Flächen übernahmen, schufen sie durch die Ausgestaltung des Wärmedämmverbundsystems einen völlig neuen Ausdruck. Aus einem nüchtern und seriell geordneten DDR-Stahlbetonfertigteilbau mit straff gespannter Hülle wurde ein gravitätischer Baukörper, der deutliche Anleihen an der moderat modernen Formensprache der Zwischenkriegszeit macht.
Die konstruktiv bedingten, tiefen Fensterlaibungen, die markanten Gesimse, die Fenster mit ihrem kleinteiligen Sprossenraster und die mit grünen Kacheln verkleideten Mittelstützen zitieren das Berlin der Vorkriegszeit. Das passt konzeptionell nicht wirklich zu den frei gelegten Spuren und Strukturen des hochindustrialisierten Bauens im Inneren. In sich kann das Haus jedoch als ein Gemisch unterschiedlicher Zeitebenen begriffen werden, aufgepeppt mit Design und angetrieben durch die Mechanismen des aktuellen Berliner Immobilienmarkts: Nach außen konservativ, innen ein bisschen wild und auf jeden Fall zeitgenössisch.
Ob das alles in sich stimmig ist, sei dahingestellt, aber was sich hier idealtypisch niederschlägt, ist der Trend zum flexiblen all inclusive-Wohnen in bester innerstädtischer Lage. Dass das Wohnen in einem solchen Haus nicht ganz billig ist, liegt auf der Hand. Acht unterschiedlich große Typen an Studentenwohnungen werden angeboten. Die kleinste Wohnung hat 18 Quadratmeter Wohnfläche und ist – laut Website des Anbieters – ab 635 Euro im Monat zu haben. An den ökonomischen Möglichkeiten durchschnittlicher Studenten, die sich ohne finanziellen elterlichen Background durchschlagen, geht das Angebot also weit vorbei – ob das Leben dort am Ende aber aufregender ist als in einer echten Studenten-WG, muss sich noch zeigen. (gh)
Fotos: Anastasia Hermann
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