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05.09.2017
Im Klinkerschleier
Verwaltungsgebäude in Münster von behet bondzio lin architekten
Für seine neue Geschäftsstelle am südlichen Stadtrand von Münster hatte sich der Verband der Nordwestdeutschen Textil- und Bekleidungsindustrie eine Variante des textilen Bauens gewünscht. behet bondzio lin architekten (Leipzig/Münster) hatten diese Vorgabe in eine Ziegeloptik übersetzt und die Auftraggeber in einem geladenen, anonymen konkurrierenden Verfahren überzeugt. Nach dreijähriger Entwurfs-, Planungs-, und Realisierungphase wird der Neubau am heutigen Dienstag eröffnet. Im Vergleich zum Altbau in der Münsteraner Innenstadt ist er für die sich regelmäßig treffenden 70 Verbandsmitglieder aus ganz Nordwestdeutschland nun besser erreichbar und bietet mehr Platz.
Die Ziegelfassade ist zweifelsohne das Interessanteste. Die Architekten haben sich von einer Statue von Max Klinger im Leipziger Bildermuseum inspirieren lassen. Max Klinger hat im Alabasterfaltenwurf seiner Beethoven-Statue eine paradoxe Wahrnehmung geschaffen: Der Betrachter sieht ein scheinbar fließend leichtes Tuch über den Knien von Beethoven und erkennt zugleich, dass es aus massivem Stein besteht. Diesem Bild folgend entstand die Lage der 70.000 Steine in einem parametrischen Entwurfsprozess. In Zusammenarbeit mit der Ziegelei Deppe aus Uelsen-Lemke entwickelten die Architekten sechs Sondersteine, die aus einem Normalstein hervorgehen. Dieser wird jeweils um ein rechtwinkliges Dreieck ergänzt, dessen Winkel sich stufenweise um 2,5 Grad ändert. Die Steine sind so angebracht, dass aus Licht und Schatten eine scheinbar in Bewegung befindliche Fassade entsteht – eine Analogie zu einem leichten Tuch, über das der Wind streicht.
Und sonst? Der langgestreckte Baukörper ist an drei Seiten vollständig geschlossen, was als Basis für ein energetisch optimiertes Bürogebäude gesehen wird. Gen Norden öffnet sich eine Glasfassade. Der Grundriss zeigt, dass alle Mitarbeiter vom Ausblick in den angrenzenden Landschaftsraum profitieren. Das zweiteilige, leicht versetzte Volumen erzeugt einen Vorbereich, der empfängt und ins Gebäude leitet. Vermutlich aber werden die Besucher lieber erstmal eine Weile außen herum laufen wollen.
Die Geschäftsstelle in Münster ist übrigens nicht das einzige Gebäude des Verbands, mit dem das Tätigkeitsfeld seiner Mitglieder exemplifiziert wird. In Mönchengladbach entsteht in Zusammenarbeit mit der Hochschule Niederrhein und dem Verband der rheinischen Textil- und Bekleidungsindustrie gerade eine Textilakademie mit geschmeidiger Hülle. Die Branche macht sich also auch über Münster hinaus um interessante Architektur verdient. (fm)
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