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09.06.2017
Luxussanierung deutscher Kulturbauten?
Oper und Schauspiel in Frankfurt sollen knapp 900 Millionen kosten
Von Dina Dorothea Falbe
Die Sanierung von Oper und Schauspielhaus in Frankfurt am Main soll knapp 900 Millionen Euro kosten. Eine Machbarkeitsstudie des Hamburger Planungsbüros PFP hat den 1963 fertig gestellten Bau der Frankfurter Architekten Apel, Beckert & Becker ABB am Willy-Brandt-Platz vier Jahre lang untersucht. Das Gutachten hat 6,5 Millionen Euro gekostet, soll aber nun, laut Jörg Friedrich von PFP, eine ehrliche und somit verlässliche Kostenschätzung darstellen – ganz im Gegensatz zu vergleichbaren Fällen der letzten Jahre.
Das Ergebnis zeigt, so schreibt die FAZ in ihrer gestrigen Ausgabe, dass die Sanierung bei laufendem Betrieb elf Jahre dauern und 868 Millionen kosten würde. Bei einem temporären, internen Umzug des Schauspielhauses in einen noch zu errichtenden, turmartigen Aufbau und dem gleichzeitigen Wechsel der Oper in das jetzige Schauspielhaus könnte man zwei Millionen sparen und eine Bauzeit von nur acht Jahren erreichen. Abriss und Neubau am selben Standort wären etwas teurer. Der Artikel stellt eine vierte Variante zur Diskussion: Verkauf des Grundstücks und Neubau an einem anderen Standort. So könne man – möglicherweise – einen Teil der Neubaukosten finanzieren.
Laut dem Autor Hubert Spiegel beginnt nun die „Debatte um Frankfurts von Bankentürmen umringtes Milliardentheater“. Er deutet damit an, was die mögliche Aufgabe des Standorts auch bedeutet: Selbst die von Steuergeldern getragene Hochkultur hat keinen Platz mehr zwischen den Banken. Und das, wo die Zeit erst vorgestern vom „größten Steuerraub in der deutschen Geschichte“ berichtete: Deutsche Banker, Berater und Anwälte sollen dem deutschen Staat über Jahre mit komplizierten Finanztricks 31,8 Milliarden entwendet haben.
Währenddessen wurde die Sanierung von Museen, Schulen, Theatern und Opern vernachlässigt. „Das rächt sich“, meint Jörg Häntzschel heute in der Süddeutschen Zeitung und hat allein für Berlin eine beeindruckende Liste an teuren Sanierungsfällen zusammengetragen. Die Staatsoper Unter den Linden soll nach aktuellem Stand 400 Millionen Euro kosten, die Staatsbibliothek schräg gegenüber 470 und das Pergamonmuseum 477. Das Kölner Opernquartier kostet 565 Millionen, das Haus der Kunst in München bleibt vergleichsweise niedrig bei 100 Millionen Euro. Der Text stellt die berechtigte Frage, ob nicht vielleicht sowohl die Baustandards als auch die opulente Ausstattung der Kulturbauten – mit „Designermöbeln und Luxusarmaturen“ – überzogen seien. Handelt es sich wirklich um unabdingbare Maßnahmen zur Erhöhung der kulturellen Wettbewerbsfähigkeit im Kampf um die besten Künstler?
Auch der von gmp sanierte Kulturpalast in Dresden hat „nur“ 100 Millionen gekostet. Bei diesem Prestigeprojekt wurde der Mehrzwecksaal zugunsten eines Konzertsaals geopfert, der durch seine hervorragende Akustik nun auch für internationale Orchester attraktiv ist. Zugleich gingen die Flexibilität und Nutzbarkeit für weniger elitäre Anlässe verloren, die ursprünglich intendiert waren. Ob die neu geschaffenen Räume für das Kabarett und die Bibliothek dieses Defizit ausgleichen können, sei dahingestellt. Trotzdem merkte Oberbürgermeister Dirk Hilbert in seinem Grußwort zur Eröffnung an: „Wenn dieses Prestigeprojekt viermal so teuer wie geplant geworden wäre, hätte sicher der Bundespräsident als Ehrengast zugesagt“. Hilberts Bemühungen, mit Hilfe der Kulturpolitik zwischen den unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen der Stadt zu vermitteln, wie der Tagesspiegel berichtete, haben die örtlichen Pegida-Anhänger jedenfalls noch nicht erreicht. Misst sich die Bedeutung einer kulturellen Einrichtung wirklich daran, wie viel sie den Steuerzahler gekostet hat?
Der Anspruch der Erbauer der nachkriegsmodernen Sanierungsfälle war jedenfalls in der Regel ein anderer: Qualität für möglichst viele Menschen, an zentralen städtischen Standorten und zum günstigen Preis. Dies lässt sich bis heute in der Architektur erkennen, was sie – auch im Vergleich zu manch aktuellem Prestigeprojekt – nicht nur in historischer Sicht auszeichnet, sondern auch Anlass für die aktuelle Vermittlung kultureller Werte sein sollte.
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Das verglaste Foyer von 1963 verbindet die Oper (rechts) und das Schauspielhaus (links)
Außenansicht der Oper Frankfurt
Innenansicht der Oper Frankfurt