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01.02.2017
Neuer alter Westen
Historisches Gebäudeensemble in Berlin ausgebaut
Es gibt sie noch, die Berliner Hinterhöfe, in denen sich verschiedene Zeitschichten überlagern und deren räumliches Potential auf seine Freisetzung wartet. Während im Osten immer weniger brachliegt, lohnt es sich, den Blick nach Westen zu lenken. Im Laufe ihrer 200-jährigen Geschichte spielte sich in der Potsdamer Straße kulturelles Leben unterschiedlicher Couleurs ab. AHM Architekten (Berlin) haben dort ein Ensemble wieder hergestellt und erweitert, das von dieser Vergangenheit erzählt und Raum für eine neue kreative Zukunft bietet.
Einst die wahrscheinlich meistbefahrene Straße Berlins, büßte die sogenannte „Potse“ mit dem Mauerbau ihre Bedeutung als Verkehrsachse ein, weshalb Scharoun ihren Verlauf konsequenterweise mit seiner Staatsbibliothek überbaute. Der Berliner Salon des Ehepaars Dohm wie auch der geschichtsträchtige Sportpalast und der Musikklub Quartier Latin gehören der Vergangenheit dieser Straße an. Letzterer beherbergt nun das Variététheater Wintergarten. Schräg gegenüber hat sich ein Ensemble aus der zweiten Hälfte des Neunzenten Jahrhunderts bemerkenswert gut gehalten: Das vordere, repräsentative Mietshaus mit kurzem Seitenflügel entstand 1860 und wurde später um ein industriell genutztes Seitenhaus ergänzt. Danach entstanden auf dem Grundstück zusätzlich ein villenartiges Gartenhaus, Remisen und eine Fabrik am hinteren Ende.
Unter dem generischen Titel NEUE WEST wurde die Aufwertung des Ensembles als „bestes Immobilienprojekt Deutschlands“ ausgezeichnet, was die Vermarktung der Gewerbeflächen durch die Bauherrin, die Immobilienfirma ANH fördern dürfte. Im Erdgeschoss des Vorderhauses stehen 150 Quadratmeter für den Ausbau zur Gastronomienutzung zur Verfügung. Die instand gesetzten Stuckelemente und Kastenfenster sorgen in Verbindung mit neuen „abwechslungsreichen“ Holzböden, wie die Architekten sagen, für ein bauzeitliches Flair unter neuem Dach.
Die Villa, als Schmuckstück der Anlage, behielt im Erdgeschoss ihren gründerzeitliche Bodenbelag, während die Holzböden neu verlegt wurden. Drei Büroeinheiten werden über eine Wendeltreppe erschlossen. Im sechsstöckigen Fabrikgebäude kann die „Kreativwirtschaft“ richtig loslegen: Zwischen den historischen Gussstützen bleiben großzügige Arbeitsflächen. Auch im Atelierhaus haben die Architekten „sämtliche Raumtrennwände aus dem Bestand entfernt und durch einen freistehenden Kubus ersetzt, der den Raum zoniert und die Sanitärräume und Teeküchen aufnimmt“.
AHM Architekten möchten mit der Sanierung erreichen, dass die Realität der bis vor wenigen Jahren als „Un-Ort“ angesehenen Potsdamer Straße wieder an die Verbindung ihres Namen „mit der künstlerischen Avantgarde“ heranreicht. Für arme Künstler wird die Adresse keine Alternative zu den günstigeren Ostbezirken sein. Dem Titel entsprechend, knüpft man mit der gelungenen Sanierung und Teilaufstockung stattdessen an die in Westberlin dominantere Tradition finanzkräftiger Kulturschaffender an. (dd)
Fotos: Robert Hermann
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