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22.06.2016

Sakrale Bühne

Helmut Strifflers Mannheimer Trinitatiskirche wird zum Tanzhaus


Es ist das Licht, das in Helmut Strifflers Mannheimer Trinitatiskirche regelrecht zu tanzen beginnt. Wenn die Sonne durch die in Beton gegossenen Dickglaselemente in einem bestimmten Winkel fällt, verwandelt sie den Raum in einen bunt schimmernden, sakralen Ort. Nun wird das seit zehn Jahren leerstehende Gotteshaus von 1959, das als wegweisender Vorgängerentwurf zu Egon Eiermanns Berliner Gedächtniskirche gilt, selbst zur Bühne: Die Evangelische Kirche hat ein neues Nutzungskonzept beschlossen, nach dem das Kulturdenkmal von besonderer Bedeutung zum „EinTanzHaus“ umfunktioniert wird. Dafür haben EBEN Architektur (Mannheim/Frankfurt) ein neues Raumprogramm entwickelt: Im Altarraum werden die Kanzel, das Taufbecken und der Altar durch Garderoben überbaut, im Eingangsbereich die von Striffler entworfenen Kirchenbänke zu einer Zuschauertribüne komponiert.

Auf der Freifläche dazwischen findet künftig eine 14 mal 14 Meter große Bühne Platz. Neu ist die Idee, aus Strifflers Kirche einen Ort für zeitgenössischen Tanz zu machen, allerdings nicht. Bereits vor Jahren hatte es Pläne für das Kevin O’Day Ballett des Mannheimer Nationaltheaters gegeben, die es als Aufführungs- und Proberaum nutzen wollte. Allerdings hatte sich Helmut Striffler (1927–2015) damals vehement dagegen gestellt, weil er um die Grundideen seines Entwurfs fürchtete: Sein Bau hat den Grundriss eines gestreckten Sechsecks und ist dank seines Stahlbetonskeletts stützenlos, wird allerdings von zwei Reihen mit Stelenlampen durchschnitten. Die Dreiteilung in ein Haupt- und zwei Mittelschiffe, die große Bedeutung des Lichts, das durch die in Beton gegossenen Glassteine fällt, die aus Chartres stammen - das alles wollte Striffler als Verweis auf die gotische Kathedralen-Architektur und letztendlich, so kurz nach dem Krieg, auch als Versöhnungsgeste verstanden wissen.

EBEN Architektur haben auf diese Dreiteilung Rücksicht genommen, indem sie die Bühne nun in die Mitte des Kirchenraums verlegen. „Gewünscht war zudem ein Entwurf, der leicht auch wieder zurückzubauen wäre“, so Architektin Mireille Göhring. Festgeschrieben ist die Umnutzung zunächst auf drei Jahre. Eine sechs Meter hohe Metallkonstruktion markiert die Tanzfläche und ermöglicht das Anbringen von Lampen. Im Winter kann die Konstruktion mit schwarzem Moltonstoff verhüllt werden, so dass im geschützten Bühnenraum die Wärme der Fußbodenheizung gehalten wird.

Vorausgegangen war den Umnutzungsplänen ein zweistufiger Wettbewerb um das „Kreativcluster LR66“ und Architekt Till Schweizer, zu dem 28 Beiträge aus dem In- und Ausland eingereicht wurden – etwa für ein Kulturhostel oder einen Spiel- und Bewegungsraum. In der Jury aus Architekten und Laien hatte auch Helmut Strifflers Sohn Johannes Striffler gesessen, der seit dem Tod des Vaters im Februar 2015 das Büro weiterführt. Überzeugt hatte sie auch die Chance, die Trinitatiskirche zu einem „Schlüsselgebäude und Treffpunkt für das Quartier“ zu machen, so Dekan Ralph Hartmann: Die Grafikdesignerin Daria Holme und der Choreograph Eric Trottier planen hier nun eigene Produktionen, aber auch Gastspiele, Festivals und Kurse. Zudem haben EBEN Architektur auch eine Außenbühne entworfen. Helmut Strifflers Kirchenbau soll wieder leuchten – nicht nur wenn das Sonnenlicht günstig in sein Inneres fällt. (Annika Wind)



Alle fünf Finalisten-Entwürfe kombiniert mit Foto-Serien von Robert Häusser, Oliver Mezger, Thomas Ott und Christina Stihler sind noch bis zum 14. Juli 2016 in einer Ausstellung in der Trinitatiskirche Mannheim zu sehen.
  


Zum Thema:

www.ekma.de


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