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https://www.baunetz.de/meldungen/Meldungen-Volkwin_Marg_ueber_den_geplanten_Abriss_der_City-Hoefe_4640423.html

09.12.2015

Hamburg schafft Denkmalschutz ab

Volkwin Marg über den geplanten Abriss der City-Höfe


Denkmalschutz schützt nicht vor Abriss, nicht einmal, wenn das frisch gekürte Welterbe direkt nebenan steht. In Hamburg sollen die City-Höfe, ein modernes Ensemble aus vier Hochhausscheiben, abgerissen werden. Anfang November erteilte die Hamburger Finanzbehörde dem Bauunternehmen Aug. Prien den Auftrag. Mit dem Ausscheiden des Entwurfes von Volkwin Marg für Matrix Hochtief wurde der letzte Bieter, der ein Sanierungskonzept für das 1956 von Rudolf Klophaus errichtete Baudenkmal vorsah, aus dem Verfahren gestrichen. Zu Unrecht, findet Volkwin Marg, der Hamburger Architekt spricht von einem Skandal und der Abschaffung des Denkmalschutzes.

Von Luise Rellensmann


Im September wurde das von Ihnen erstellte Sanierungskonzept für die Bietergemeinschaft Matrix Hochtief aus dem Ausschreibungsverfahren ausgeschlossen. Sie selbst sprechen von einem Skandal, warum?
Das Baudenkmal ist gegen ein Meistgebot ausgeschrieben worden, ein Mindestgebot von 20 Millionen Euro war festgelegt. Eine wesentliche Bedingung war, dass mengenmäßig mindestens eines der Hochhäuser für Wohnzwecke genutzt werden solle. Bei der Ausschreibung gab es insgesamt sechs von 16 Entwürfen, die den Bestand erhalten hätten. Unser zunächst ausgewähltes Angebot – neben zwei weiteren Entwürfen, die jedoch vom Abriss ausgingen – hat mit knapp 32 Millionen Euro einen Höchstpreis weit über dem geforderten Mindestpreis und die maximale Wohnnutzung wäre weit über die Forderungen hinausgegangen.
Die zuständige Finanzbehörde schob nach Prüfung und Verhandlung des Angebotes im Nachhinein kurz vor Abgabe des präzisierten finalen Angebotes unzumutbare Zusatzbedingungen nach, die erst noch hätten verhandelt werden müssen. Das verweigerte die Stadt. Weil von den Bietern mit dem Angebot zumindest eine nachträgliche Verhandlung ausbedungen wurde, wurde das Angebot mit formalrechtlichen Begründungen aus der engeren Wahl ausgeschlossen. Damit wurde der letzte Bieter, der einen Erhalt vorgesehen hatte, ausgeschaltet. Die Stadt erklärte nach diesem Vorgehen, es gäbe kein denkmalgerechtes Angebot, deshalb könne das Ensemble abgerissen werden.

Warum ist der Erhalt dieses Ensembles wichtig?

Das Denkmal City-Hochhäuser stellt eine weitere architektonische Schicht für das Weltkulturerbe Kontorhausstadt dar. Es liegt in der Pufferzone des im Sommer 2015 frisch gekürten Weltkulturerbes Kontorhausviertel. Dieses demonstriert die verschiedenen Architekturschichten des 20. Jahrhunderts für eine neue Cityentwicklung, wie sie hier zum ersten Mal in Deutschland mitten in einer Altstadt praktiziert worden ist. Die verschiedenen Stilschichten bestehen aus Bauwerken des Heimatschutzes, des Expressionismus, der neuen Sachlichkeit, dann auch des Blut- und Bodenstils der Nationalsozialisten und nach dem Krieg ging es in den Fünfzigerjahren weiter mit den City-Höfen. Das Fünfzigerjahre Ensemble ist eine Wiedergutmachung an die von den Nazis verfemte Weiße Moderne der 20er Jahre: statt geschlossener Blöcke eine offene Sequenz von 4 weißen Hochhäusern als gefeiertes Signal des Wiederaufbaus.

Bereits in den Siebzigerjahren wurde die Fassade der Hochhausscheiben aus dänischen Leca-Kacheln durch grauen Eternit ersetzt. Was waren damals die Reaktionen?
Dass der schneeweißen Lochfassade aus emaillierten Blähbetonplatten – die auch Alvar Aalto etwa zur gleichen Bauzeit im Hansaviertel einsetzte – die natograuen Eternitplatten vorgesetzt wurden, zählt zu den vielen geduldeten Verschandelungen der 70er Jahre. Die heutige Bevölkerung findet diese Häuser verständlicherweise düster und hässlich. Sie sind systematisch verkommen, die Tiefgarage zählt zu den grausigsten und übel riechendsten Parkgaragen Deutschlands, eine Location für Horrorfilme.

Welche Maßnahmen sieht das von Ihnen geplante Sanierungskonzept vor?
Die City-Höfe werden wieder zum weißen Schwan, der sie einmal waren. Die graue Eternitverkleidung wird durch eine weiß emaillierte Wärmeschutzfassade originalgetreu ersetzt, mit schwarz gerahmten 3-fach verglasten Schwingflügelfenstern. Den verödeten Sockelbau öffnen wir zum neu gestalteten Johanniswall-Boulevard mit 3 Gastronomieterrassen als Begleitung der Promenade zur Hafencity. Entlang des Klosterwalls Richtung Deichtorhallen flankieren im Sockel Kunstgalerien die sogenannte Kunstmeile. Insgesamt werden 310 Wohneinheiten in allen vier Hochhäusern untergebracht. Diese Planung erhält die Substanz samt Treppenhäusern und entspricht damit den Auflagen des Denkmalschutzes.

Mit Bezug auf den Denkmalschutz sprechen Sie von einem Rechtsbruch, wie ist das zu verstehen?
Die City-Höfe wurden erst jüngst, im Jahre 2013, ausdrücklich durch die Novellierung des Denkmalschutzgesetzes durch den Senat unter Schutz gestellt. Das Denkmalschutzgesetz besagt, dass man ein Denkmal nur abreißen darf, wenn seine Erhaltung wirtschaftlich absolut ausgeschlossen ist. Dabei gilt diese Festlegung nur für private Denkmaleigentümer, nicht jedoch für öffentliche Eigentümer, die sich mit Unwirtschaftlichkeit nicht rausreden dürfen, denken sie nur an Kirchen, Schlösser, Burgen etc.. Die City-Höfe befinden sich aber im Eigentum der Stadt und die würde bereits am Denkmalverkauf viel mehr als erwartet verdienen, wenn man das angebotene Sanierungskonzept nicht aushebelte.

Was genau bedeutet diese Entscheidung für den Denkmalschutz in Hamburg?

Am Beispiel der City-Hochhäuser geht es schlichtweg um eine folgenschwere Umgehung des gültigen Denkmalschutzgesetzes. Hier wird ein Präjudiz geschaffen, das die Gesetzeskraft des Denkmalschutzes total entwertet. Jeder private Denkmaleigentümer wird zukünftig darauf Bezug nehmen und protestieren, nicht maximierbaren Profit und Hässlichkeit vorschützen oder einfach erklären, das Denkmal sei städtebaulich störend, wie Hamburgs Oberbaudirektor, der das in den Fünfzigerjahren bejubelte weiße Ensemble durch eine geschlossene Blockbebauung mit Klinkerfassade ersetzen möchte.
Es geht um Geschichtsvergessenheit und demonstrative Geringschätzung der Architektur des Wiederaufbaus der Fünfzigerjahre. Aus Sicht des Denkmalschutzes wäre das ein übles Exempel und Rechtsbruch. Wie gesagt, in seltener Einmütigkeit haben sämtliche Vereinigungen wie der BDA, die Hamburgische Architektenkammer, ICOMOS, Deutsche Stiftung Denkmalschutz, Patriotische Gesellschaft und Europa Nostra das noch nicht abgeschlossene Verfahren als inakzeptabel und intransparent kritisiert und fordern in Offenen Briefen, dass es sofort gestoppt wird. Statt formaljuristischer Winkelzüge wird eine transparente Offenlegung der Entscheidungsgrundlagen und eine öffentliche inhaltliche Diskussion und Gegenüberstellung der Angebote gefordert.


Zum Thema:

www.city-hof.org


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Zu den Baunetz Architekt*innen:

gmp · Architekten von Gerkan, Marg und Partner


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In dem Entwurf sind zweigeschossige Kunstgalerien zwischen den Wohntürmen vorgesehen. Der bisher introvertierte Sockelbereich soll der Belebung des öffentlichen Raums dienen.

In dem Entwurf sind zweigeschossige Kunstgalerien zwischen den Wohntürmen vorgesehen. Der bisher introvertierte Sockelbereich soll der Belebung des öffentlichen Raums dienen.

Die Sanierung könnte den City-Höfen die weiße Fassade zurückgeben. Der grauen Eternitverkleidung würde eine weiß emaillierte Wärmeschutzfassade vorgesetzt.

Die Sanierung könnte den City-Höfen die weiße Fassade zurückgeben. Der grauen Eternitverkleidung würde eine weiß emaillierte Wärmeschutzfassade vorgesetzt.

Bestandsfoto: Ende der 70er Jahre verkleidete man die dänischen LECA Kacheln mit diesen „natograuen“ Eternitplatten.

Bestandsfoto: Ende der 70er Jahre verkleidete man die dänischen LECA Kacheln mit diesen „natograuen“ Eternitplatten.


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