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05.10.2015

Neue Riegel für Sugar Hill

Wie David Adjaye versucht, den sozialen Wohnungsbau wiederzuerfinden


Sugar Hill – diese Bezeichnung für ein Viertel in Harlem an der 155. Straße ist so süß gemeint, wie sie klingt: In den 1920er Jahren, während der Harlem Renaissance, war es die bevorzugte Wohngegend mit Stadthäusern für wohlhabende Afroamerikaner. Heute allerdings bestimmen ansteigende Mieten und Verdrängung das Viertel. Die Broadway Housing Communities (BHC) treten seit ihrer Gründung 1983 dieser Entwicklung entgegen. An der Saint Nicholas Avenue in Sugar Hill präsentiert sich die Organisation nun auch mit dem ersten eigenen Bau. David Adjaye hat seine ikonische Architektur entworfen. Auf 17.000 Quadratmetern beherbergt das BHC-Zentrum Sozialwohnungen auf elf Etagen, ein Kindermuseum, pädagogische Einrichtungen und Künstlerstudios. Nach Fertigstellung des Gebäudes im letzten Jahr wurde es nun endlich mit all seinen Nutzungen eröffnet.

Auf ein breites Sockelvolumen stapelt Adjaye zwei große Betonkörper. Zur Längsseite sind sie mächtige Quaderriegel, im Schnitt aber sind sie quadratisch. Während Adjaye die schmalere, turmartig hochwachsende Querfront eben hält, lässt er die Außenwand der Längsseite in einem Sägeprofil ausschlagen. Zwei monumentale Riegel, von denen der obere über den unteren zu kippen scheint, eine in ein kaltes Anthrazit getönte Betonfassade, grobe Oberflächenstruktur – Adjaye greift bei diesem Projekt auf eine brutalisitische Großteiligkeit und dunkle Rauheit zurück.

Doch verbindet der Londoner Architekt Schroffes mit Verspieltem: Der offenbar rauhe Beton ist an den Längsseiten mit einem Punktornament oder Rillen versehen, niedlich wirken die unregelmäßig gesetzten Fenster, die er auf die Betonfassade streut. In fünf verschiedenen Formaten – auch hier wieder das Spiel zwischen Quadrat und Rechteck – verteilen sich die Fenster scheinbar beliebig über elf Stockwerke. Ergänzt wird die kleinteilige Front um Profilierungen in der Fassade und rechteckig eingeschnittene Schächte.

Das Sockelvolumen, in dem die Museumsräumlichkeiten und Ateliers eingerichtet sind, passt sich mit seinen zwei, teils drei Etagenniveaus an die Steigung des Baugrunds an der Saint Nicholas Avenue an. Großformatig verglast und horizontal betont, stellt Adjaye das Sockelvolumen dem Riegelaufbau in einer leichten, transparenten Ästhetik gegenüber.

In New York ist man sich indes noch uneinig, ob Adjayes Architektur angemessen ist für Sugar Hill. Die BHC feiert Adjayes Bau als „Wiedererfindung des sozialen Wohnungsbaus“, der Blogger und Sugar Hill-Bewohner Michael Henry hingegen sieht es sich so gar nicht in die umgebende Neogotik Harlems einfügen: „Dieses Gebäude ist das verzogene Kind unter den toleranten Älteren. Hoch und runter springend, schreit es nur‚ 'guck mich an, guck mich an'.“(sj)

Fotos: Ed Reeve, Wade Zimmermann


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