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24.10.2012
Erhalt durch Transformation
Architekten-Vorschlag für Berlin: Bibliothek ins ICC
Das sanierungsbedürftige Internationale Congress Centrum (ICC) in Berlin wird leer stehen, sobald die Berliner Messe ihre neue Multifunktionshalle City Cube nutzen kann. Gleichzeitig plant die regierende Große Koalition in Berlin die Errichtung einer Zentralen Landesbibliothek (ZLB) auf dem Tempelhofer Feld. Gegen dieses Vorhaben gibt es breiten Widerstand. Die Berliner Niederlassung des Architekturbüros KSP Jürgen Engel Architekten hat nun eine Projektstudie in die Öffentlichkeit lanciert, die ICC und ZLB miteinander in Verbindung bringt.
Die Architekten kennen das ICC gut, haben sie doch 2008 ein Sanierungsgutachten dafür ausgearbeitet. Auf einer Standortkonferenz zum Tempelhofer Feld im Februar 2012 waren sie dann überrascht von der Einhelligkeit der Kritik an dem Bauvorhaben der Bibliothek dort. Daraus ergab sich der Vorschlag, auf den Neubau der Bibliothek zu verzichten und die Bibliotheksnutzung vielmehr im ICC unterzubringen.
Die Architekten glauben, dass damit das äußere Erscheinungsbild des ICC in seinen Grundzügen erhalten werden kann. Sie sprechen von „Erhalt durch Transformation“. Ausgangspunkt für den Umnutzungsentwurf ist das gewaltige Traggerüst des ICC, das stützenfreie Räume und eine hohe Flexibilität im Inneren ermöglicht.
Die Architekten erläutern: „Der Entwurf schafft einen großen öffentlichen Raum an Stelle der beiden großen Konferenzsäle, den man flexibel als Studier-, Arbeits- und Aufenthaltsbereiche nutzen kann. Im Bereich des Parkhauses wird der Bestand entfernt und Magazinfläche neu angeordnet. Der Eingang wird nicht mehr über das nur fünf Meter hohe Eingangsgeschoss geführt, sondern man gelangt direkt vom Vorplatz über eine großzügige Freitreppe in das Obergeschoss, wo sich im Halleninneren die Leselandschaft der Zentralbibliothek befindet. Die Halle bleibt in ihrer markanten Form weitgehend erhalten. Die Fassade wird energetisch saniert und entsprechend der neuen Erfordernisse angepasst. Im Inneren werden die Säle und Einbauten entfernt und eine offene, terrassierte Leselandschaft in die flexible Tragstruktur eingefügt.“
Zu den Kosten sagen die Architekten, wenn man die 270 Millionen Euro, die der Bau der ZLB kosten soll, zu den – bei 200 Millionen gedeckelten – Sanierungskosten des ICC addiert, sollte dieses Projekt finanzierbar sein.
Kommentar der Redaktion
Eines ist klar: Die Messe geht nie wieder ins ICC zurück. Also ist die Frage zu beantworten, was aus diesem Koloss werden soll. Auf der einen Seite gibt es Bestrebungen, ihn unter Denkmalschutz zu stellen, was den Ist-Zustand konservieren würde, um in letzter Konsequenz womöglich in einen Abriss zu münden. Auf der anderen Seite gibt es Umbauvorschläge, von denen dieser hier der am weitesten durchgearbeitete sein dürfte. Solche Vorschläge haben das Manko, dass durch eine weitgehende Entkernung der Raumschiff-Charme der 70er Jahre, der das ICC im Inneren so einzigartig macht, verloren gehen dürfte. Hier ist, wie immer bei Bestandsgebäuden, eine Abwägung erforderlich.
Die KSP-Architekten haben sich zuerst von dem Wunsch leiten lassen, das ICC vor einem möglichen Abriss zu bewahren. Schon allein deswegen sollte ihr Vorschlag vorurteilslos diskutiert werden. Und wenn damit auch noch das am geplanten Standort unsinnige Wowereit-Denkmal ZLB auf dem Tempelhofer Feld gekippt würde, wäre das – neben dem Erhalt des ICC – der zweite positive Effekt dieses verdienstvollen Architekten-Vorstoßes. (-tze)
Zum Thema:
Baunetzwoche#280: Internationales Congress Centrum Berlin
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