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12.06.2007
Fragwürdige Architektur
Plattformpreis 2007 für Alexa-Einkaufszentrum in Berlin
Die unabhängige Architekteninitiative „Plattform Nachwuchsarchitekten“ aus Berlin hat auch in diesem Jahr wieder den „Plattformpreis für die fragwürdigste Architektur“ der Hauptstadt ausgelobt. Im letzten Jahr wurde der von Kleihues erweiterte und historisierend umgestaltete „Galeria Kaufhof“ am Alexanderplatz (BauNetz-Meldung 24. Mai 2006) gekürt. „Gewinner“ im Jahr 2007 ist das Einkaufs- und Freizeitzentrum „Alexa“ am Alexanderplatz bzw. an der Alexanderstraße in Berlin. Entworfen haben das „Alexa“ José Manuel Quintela von SonaeSierra, Ortner & Ortner, Berlin, sowie RTKL, Baltimore. Projektarchitekt ist José Quintela.
Der Auslober teilte zum Ergebnis mit: „Unter dem Motto ‚Was der Sturm Kyrill zu Tage förderte...‘ gingen drei Berliner Anwärter ins Rennen. Thematisiert wurden dabei im Wesentlichen Fassade und Dekor, d. h. die Debatte über ‚form follows function‘ versus ‚form follows sensation‘. Mit 53 Prozent der abgegebenen Wahlzettel stimmten die Besucher des KAP-Forums in Köln anlässlich der Ausstellung „Stadt im Wandel / Stadt der Ideen eindeutig“ für Alexa. 32 Prozent der Stimmen erhielt der temporäre Pavillon „BundesPresseStrand“, gefolgt von 15 Prozent der Stimmen, die auf den neuen Hauptbahnhof in Berlin (BauNetz-Meldung vom 26. Mai 2006) entfielen.“
Der hauptverantwortliche portugiesische Entwickler Sonae Sierra sagt über das Projekt: „Alexa ist ein thematisiertes Einkaufs- und Freizeitzentrum. Das Design zeigt eine moderne Interpretation der unbeschwerten Ära des Alexanderplatzes, unterstützt durch Art Deco-Elemente der 1920er Jahre.“
Kommentar der Redaktion:
1989 gab es einen Song von Billy Joel mit dem Titel „The Downeaster ‚Alexa‘“, in dem ein frustrierter Seemann erzählt, wie er mit seinem abgetakelten Schiff sehr, sehr weit aufs Meer hinausfahren muss, um ein paar Fische fangen zu können: „Now I drive my Downeaster Alexa, more and more miles from shore every year, since they told me I can't sell no stripers, and there's no luck in swordfishing here.“
Der fensterlose rote Klotz mit Namen Alexa, der sich heute die Alexanderstraße entlang windet, erinnert irgendwie an ein rostendes Riesenschiff, das dort wie beliebig abgestellt wirkt und weder städtebaulich noch architektonisch Bezüge zur Umgebung herstellen zu wollen scheint. Blockrand, Natursteinfassade und Berliner Traufhöhe sollten nicht immer der Weisheit letzter Schluss sein.
Der „Downeaster Alexa“ ist aber – ebenso wie der „Galeria Kaufhof“, bei dem man sich statt Erhalt einer tatsächlich historischen Fassade für eine billig historisierende Natursteinfassade entschied – symptomatisch und die seit Jahren schlimmste Manifestation eines inkompetenten und unsensiblen Umgangs mit gewachsener Historie in Architektur und Städtebau im Zentrum Berlins.
Ein Straßenzug am roten Klotz wird denn auch noch „An der Alexa“ heißen. Der Bürgermeister von Mitte nannte die Entscheidung für die Benennung 2005 „eine kleine Anerkennung für die Bemühungen von Sonae Sierra in der Stadt“. Mittelmaß hat Konjunktur.
Till Wöhler
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