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21.05.2012

Tel Aviv – The White City

Bücher im BauNetz


Nicht Weimar, nicht Dessau und auch nicht Berlin – das größte Freilichtmuseum voll von Bauhaus-Bauten findet man, einmal schnell über den Ozean geflogen, gute 3.000 Kilometer entfernt in Tel Aviv. Auf etwa 4.000 Gebäude wird die White City, die Weiße Stadt, geschätzt, alle erbaut in den 1930er und 1940er Jahren von immigrierten Architekten aus Deutschland, Frankreich, Italien, Österreich oder der Schweiz. Dafür wurde die White City 2004 von der Unesco als Weltkulturerbe geadelt, seitdem ist viel über die entfernte Bauhaus-Stadt geschrieben worden, von den Fotobänden ganz zu schweigen.

Nun hat Stefan Boness in seinem kürzlich erschienenen Buch „Tel Aviv – The White City“ sich dem vielschichtigen Thema der Bauhaus-Moderne am Mittelmeer mit einem frischen Blick gewidmet. Seine Fotografien zeigen die einstige Eleganz der Moderne mit aller Ehrlichkeit. Der weiße Putz ist über die Jahre an manchen Stellen grau geworden, die Geländer auskragender Rundbalkone rosten in der Sonne, die glatten Fassaden bröckeln und bräuchten mehr als nur einen neuen Anstrich.

Doch bildet die Publikation nicht einfach den sanierungsbedürftigen Status Quo dieser Bauhaus-Bauten ab, sondern Boness stellt einen geschickt selbstverständlichen Bezug zur heutigen Stadtstruktur Tel Avivs her und zeigt, dass in dem Freilichtmuseum „Weiße Stadt“ gelebt wird. Fotos von bepflanzten Balkonen und bewachsenen Innenhöfen, aber auch von geschlossenen Jalousien, um die Wohnung zu kühlen, erzählen Geschichten ihrer Bewohner.

Nicht zu vergessen: Die Gebäude mit ihren weißen Kurven und Kanten sind nicht nur ein wichtiger und großer Teil der Baugeschichte, es sind auch politische Zeitzeugen von großer Bedeutung. 1909 gegründet, sollte Tel Aviv eine saubere, luftige und ruhige stadtplanerische Ergänzung zum lauten, dicht besiedelten Jaffa werden – ein gemütlicher Erholungsort am Meer. Als Gartenstadt geplant, bot Tel Aviv in den 1930er und 1940er Jahren deshalb beste Vorraussetzungen, schnellen, kostengünstigen und funktionalen Wohnraum als Exil jüdischer Emigranten zu schaffen. Die 4.000 Bauhaus-Gebäude wurden von Juden und Jeckes (Juden aus Deutschland) in Tel Aviv gebaut, bevor das Land Israel überhaupt gegründet wurde.

Es ist eine charmante Dokumentation, die Stefan Boness zusammen mit dem Autor Carsten Hueck und dem Herausgeber Jochen Visscher erarbeitet hat. Das kleine Buch erhebt dabei aber keinen lexikalischen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern zeigt mit einem unverstellten Blick verschiedenste Ausschnitte der Weißen Stadt – mit blauem Himmel und schwarzen Flecken. (jk)

Tel Aviv
– The White City
Fotografien von Stefan Boness

Text: Carsten Hueck
Herausgeber: Jochen Visscher

Jovis Verlag, Berlin 2012

Hardcover, 96 Seiten
deutsch/ englisch
16 Euro


www.jovis.de


Zum Thema:

Mehr über die „Weiße Stadt“ von Tel Aviv in der Baunetzwoche#71


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