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https://www.baunetz.de/meldungen/Meldungen_Gegenentwurf_zum_Foyerbau_auf_der_Berliner_Museumsinsel_-_mit_Kommentar_24318.html

06.07.2006

Ahistorische Architekturvorstellung

Gegenentwurf zum Foyerbau auf der Berliner Museumsinsel - mit Kommentar


Der Verein „Gesellschaft Historisches Berlin“ (GHB) hat am 28. Juni 2006 einen Gegenentwurf zu dem von David Chipperfield (London / Berlin) geplanten Neubau auf der Berliner Museumsinsel vorgestellt. Chipperfield, dessen Büro auch für Sanierung und teilweise Rekonstruktion des Neuen Museums verantwortlich zeichnet, hatte 1996 einen entsprechenden Wettbewerb für das Eingangsgebäude gewonnen. Die Fertigstellung des Baus ist für das Jahr 2009 vorgesehen.

Die GHB will dies mit ihrem Gegenentwurf verhindern: Chipperfields Projekt verstelle „vom Kupfergraben her gesehen in ganzer Breite die Front des Neuen Museums und weitere große Teile der Bebauung der Museumsinsel“, heißt es dazu in einer Pressemitteilung der GHB. „Als gläserne Bauten vorgestellte Gebäude sind erfahrungsgemäß niemals in ganzer Tiefe durchscheinend. Das Gebäude entspricht zwar der Architekturauffassung 'zeitgemäß' planender Architekten, wird jedoch von großen Teilen der Bevölkerung abgelehnt“, so die GHB weiter.

Die von den Verfassern mitgelieferte Beschreibung des eigenen Werkes wollen wir unseren Lesern nicht vorenthalten:

„Der Entwurf nimmt Rücksicht auf das wiederhergestellte Museum. Kolonnadenbauten werden in leicht geschwungener moderner Form, analog den Vorstellungen des Architekten Messel (des Erbauers des Pergamon-Museums) in den 20er Jahren, angeordnet. Davor angebracht sind breite Treppenstufen zur Spree als Begegnungsmöglichkeit für Besucher nach Westen ausgerichtet.
Der an der Bodestraße / Ecke Kupfergraben angeordnete traditionelle Bau dient als Eingangsgebäude und führt Besucher hinab in einen Tiefhof. Die unterirdisch angeordneten und vom Tiefhof belichteten Bauteile nehmen alle erforderlichen Einrichtungen wie Garderoben, Toiletten, Restaurants, Verkaufskiosk usw. auf. Benötigte Ausstellungsflächen können in den Museumshöfen auf der anderen Seite der Spree untergebracht werden.“

Kommentar der Redaktion:

Jetzt haben sie selbst zum Stift gegriffen, die beinharten Traditionalisten von der GHB. Das Ergebnis spricht für sich selbst: eine pseudoklassizistische Anlage, mit Kolonnaden an das Neue Museum und Pergamonmuseum angeflanscht. Das Ganze im Gewand einer Architekturvorstellung, die die letzten 100 Jahre Architektur- und Stadtbaugeschichte völlig ausblendet. Leider kann sich Alfred Messel gegen eine solche Vereinnahmung nicht mehr wehren. Offenbar ist den Damen und Herren von der GHB nicht klar, dass eine solche ahistorische Addition den Wert der vorhandenen, tatsächlich historischen Baussubstanz nur schmälern kann.

Chipperfields präzise gesetzter und dafür im Wettbewerb ausgezeichneter Bau zeigt sich als das, was er ist: eine moderne Ergänzung eines gewachsenen und wachsenden Ensembles. Dass das Büro durchaus mit zeitgemäßen Mittel in historischen Umgebung umzugehen weiß, zeigen das Literaturmuseum der Moderne (BauNetz-Meldung vom 6. 6. 2006 ) und eben das Neue Museum (BauNetz-Meldung vom 24. 6. 2003).
Bleibt zu hoffen, dass die GHB-Propyläen bald wieder in einer Schublade verschwinden und bleiben was sie sind: ein erster Spuk im Sommerloch 2006.

Henning Sigge


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