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25.10.2011
Bücherwürfel
Stadtbibliothek Stuttgart eingeweiht
„Das neue Haus muss die Herzen der Stuttgarter erst noch erobern“, so beginnt die Stuttgarter Zeitung einen Bericht über den würfelförmigen Neubau der Stadtbibliothek am Mailänder Platz. Am vergangenen Wochenende hatten die Stuttgarter Gelegenheit, sich mit dem Bau auseinanderzusetzen: Mit einer langen Bibliotheksnacht wurde der „Büchertempel“ eingeweiht. Der Entwurf stammt von dem in Köln ansässigen Architekten Eun Young Yi, der einst den Wettbewerb dafür gewann (siehe BauNetz-Meldung vom 15. Juni 1999 zum Wettbewerb, BauNetz-Meldung vom 8. 6. 2009 zur Grundsteinlegung und BauNetz-Meldung vom 17. 8. 2010 zur Fassade).
Amber Sayah (Stuttgarter Zeitung) hat den quadratischen Solitär im neuen Europaviertel als „solipsistische Stuttgart-21-Kaaba“ bezeichnet, wobei „solipsistisch“ so viel wie „ichbezogen“, aber auch „egoistisch“ bedeuten kann.
Vergleiche zu Aldo Rossis Friedhof in Modena sind nahe liegend – kein Wunder, hat Architekt Yi doch einst bei Rossis deutschem Pendant Oswald Mathias Ungers gearbeitet. Auch der sinistre Collosseo Quadrato, der Palast der Arbeit im faschistischen römischen Stadtviertel EUR, drängt sich hier als Parallele auf.
Architekt Yi hat in Stuttgart bewusst einen „freistehenden, monolithischen Baukörper, der die benachbarte Bebauung überragt“, gestaltet. Der Würfel ist 44 x 44 Meter breit und 40 Meter hoch. Die Fassaden bestehen aus 9 x 9 Meter großen, quadratischen Fassadenfeldern aus Sichtbeton und matten Glassteinen.
Tatsächlich schottet sich die Bibliothek damit nach außen ab und offenbart ihre Qualitäten im Inneren. Dort „setzt sich das Würfelspiel fort, doch ungleich raffinierter, als die äußere Hülle erwarten lässt“ (Sayah).
Im Kern des Gebäudes sind drei Räume übereinander gestapelt: ein Veranstaltungssaal im Untergeschoss, darüber ein viergeschossiger Zentralraum von 14 x 14 x 14 Metern, vollkommen leer gelassen. Dieses „Herz“ ist laut Yi „ein negativer Monolith – ein absolut geometrischer, geordneter, weißer Raum als vollkommener Kubus, der durch ein zentrales Oberlicht erhellt wird“.
Darüber ist eine viergeschossige Galerieebene angeordnet. Die „Galerien“ mit ihren Bücherregalen weichen hier Geschoss für Geschoss zur Seite zurück, so dass sich das Gebäude hier oben terrassenförmig zu weiten scheint, dem Licht entgegen. Bei diesem Raumtypus beruft sich der Architekt unter anderem auf den Entwurf von Bouleé für die französische Nationalbibliothek aus dem 18. Jahrhundert. Die paarweise gedreht angeordneten Freitreppen der einzelnen Lesegalerien sind als fließende Flanierwege konzipiert.
Die neue Bibliothek hat 79 Millionen Euro gekostet. Auf zwei unterirdischen und neun oberirdischen Geschossen sind 500.000 Medienenheiten untergebracht.
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