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https://www.baunetz.de/meldungen/Meldungen_Spatenstich_fuer_Schloss-Arkaden_in_Braunschweig_-_mit_Kommentar_20007.html

14.07.2005

Mehrfaches Missverständnis

Spatenstich für Schloss-Arkaden in Braunschweig - mit Kommentar


In Braunschweig wurde am 13. Juli 2005 der erste Spatenstich für das „Schloss-Arkaden“ genannte Einkaufszentrum gefeiert. Die umstrittene „Rekonstruktion“ des Braunschweiger Schlosses in Verbindung mit einer Shoppingmall wird von den Hausarchitekten der ECE Immobiliengesellschaft unter Jost Hering in Zusammenarbeit mit den Berliner Architekten Grazioli + Muthesius realisiert, die den entsprechenden Wettbewerb gewonnen hatten (BauNetz-Meldung vom 1. 12. 2003).

An historischer Stätte, auf dem Schlossparkgelände, rekonstruieren der Investor Credit Suisse Asset Management und die ECE das ehemalige Residenzschloss. Neben 30.000 Quadratmetern Einzelhandelsfläche sind auch 13.000 Quadratmeter für eine Stadtbücherei und ein Schlossmuseum vorgesehen. Mit ca. 150 Fachgeschäften, Cafés und Restaurants sollen hier etwa 1.000 Arbeitsplätze entstehen. Insgesamt rund 200 Millionen Euro werden für das Bauvorhaben investiert. Die Eröffnung ist für das Frühjahr 2007 geplant.

Bei der Schloss-Rekonstruktion orientieren sich die Architekten an historischen Plänen und Fotografien, erklärt der Projektentwickler. Über 550 historische Baufragmente und entsprechende Natursteinsorten seien ein Garant für die Originaltreue des neuen Schlosses.
Das Braunschweiger Residenzschloss, zwischen 1831 und 1838 nach Plänen des Architekten Carl Theodor Ottmer errichtet, war im zweiten Weltkrieg beschädigt und 1960 schließlich abgerissen worden.
Nach dem Wettbewerbsentscheid hatte sich eine Bürgerinitiative gegen das Wiederaufbauprojekt formiert (BauNetz-Meldung vom 19. 12. 2003).


Kommentar der Redaktion:

Die Rekonstruktion des Braunschweiger Schlosses ist in mehrfacher Hinsicht ein Missverständnis.
Zum einen wünschen sich die Braunschweiger Bürger seit dem Abriss 1960 eine Rekonstruktion des Schlosses. Doch werden sie mit diesen Schloss-Arkaden, auch wenn der Entwickler die Verwendung von Spolien ausdrücklich betont, nicht ihr Residenzschloss wiederbekommen. Sie erhalten lediglich eine Fassade - von „Originaltreue“, ein Begriff, bei dem sich Denkmalpflegern sowieso die Haare aufstellen, kann hier überhaupt keine Rede sein.
Die Sehnsüchte der Bürger wurden hier instrumentalisiert, um privatwirtschaftliche Verwertungsinteressen an einem innerstädtischen Filetgrundstück durchzusetzen.

Zum zweiten kann auch die Durchführung eines Architektenwettbewerbs diese ökonomische Kalkül nicht verdecken und diese Art Fassadenarchitektur nicht legitimieren.
Der Ablauf der Entscheidungsfindung war auf den Kopf gestellt. Zuerst hätte eine politische Entscheidung für den Wiederaufbau des Schlosses fallen und dann erst über Mittel der Realisierung, wie Wettbewerb oder Bieterverfahren, befunden werden müssen. Die Ratsentscheidung für einen Wiederaufbau war mit dem Engagement der ECE verknüpft. Darüber kann auch das scheinbar demokratische Verfahren „Wettbewerb“ nicht hinwegtäuschen.
Der Rat wollte „pro Schloss“ votieren und bekommt dafür eine Shopping-Mall, die in dieser Größe und an dieser Stelle niemand braucht.

Angesichts knapper kommunaler Haushalte könnte dieses Beispiel Schule machen und weitere Rekonstruktionsfarcen nach sich ziehen. In Berlin wurde schon laut darüber nachgedacht, wie viel Prozent kommerzielle Nutzung für das Stadtschloss erträglich wären, um einen Investor zu finden.

Arne Winkelmann


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