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21.06.2004

Ungewisser Status

Kulturprogramm im Berliner Palast der Republik startet (mit Kommentar der Redaktion)


Der Verein „ZwischenPalastNutzung e.V.“ hat am 21. Juni 2004 das Programm für eine temporäre kulturelle Nutzung im abrissgeweihten Palast der Republik in Berlin-Mitte vorgestellt.

Von August bis Oktober 2004 werden dort kulturelle Projekte durchgeführt. Alle Projekte eint, dass sie sich politisch, gesellschaftlich und architektonisch speziell mit dem Palast der Republik auseinandersetzen. Ihre Folge stellt ein breites Spektrum an Themen und Formaten dar: Theater, Tanz, Konferenzen, Konzerte, Gespräche, Lesungen, Filmvorführungen und Installationen stellen das Angebot für jedermann dar, den außergewöhnlichen Palast-Rohbau als „Konstruktion mit ungewissem Status“ (Rem Koolhaas) neu zu erleben.

Von den drei Bauteilen des Palastes – Volkskammersaal, Foyer, Großer Saal – wird nur das zentrale, transparente Foyer – auf zwei Ebenen – für Veranstaltungen für bis zu tausend Personen hergerichtet und gesichert. Es werden keine Tribünen eingebaut; das Publikum wird stehen oder gemeinsam durch den Raum geführt.

Die kulturelle Zwischennutzung wird von 20. bis 21. August 2004 mit einem zweitägigen Fest eröffnet. Im Laufe der Kulturnutzung kann u.a. ein „Shrinking Cities“-Musik-Festival besucht werden oder ein Theaterprojekt namens „Richtfest“, das sich in das Jahr 1975, das Jahr vor der Eröffnung des Palastes der Republik, zurück versetzt. Das genaue Programm ist auf den Internetseiten der „ZwischenPalastNutzung“ veröffentlicht (s.u.).


Kommentar der Redaktion

Nun haben sie es also doch noch geschafft, die rührigen jungen Leute des Vereins „ZwischenPalastNutzung“ rund um das Projekt „Urban Catalyst“ an der TU Berlin: Der nach der Asbestsanierung auf den Rohbauzustand zurück geführte Palast der Republik wird kulturell zwischengenutzt. Zwar ist die Zeitspanne dafür gegenüber den ursprünglichen Ideen arg geschrumpft - kaum mehr als zwei Monate werden es sein -, aber immerhin. (Im Winter wäre der unbeheizbare Bau sowieso nicht zu bespielen gewesen).

Diese Nutzung ist der Beweis dafür, dass sich kulturelle Institutionen und Projekte in Berlin sehr wohl etwas Innovatives ausdenken können, dass sie flexibel reagieren und vielleicht sogar durch die improvisierten Umstände des Spielorts zu schöpferischen Höchstleistungen angesport werden: Man wird sehen.

In diesem Zusammenhang interessieren die baupolitischen Implikationen des Vorgangs: Die Zwischennutzung war vor allem von Schlossbefürwortern abgelehnt worden, die befürchteten, dass ein Provisorium sich festsetzt und dem Schloss im Weg steht. Aber auf einmal tauchte ein kommerzielles Ausstellungsprojekt auf, das den Palast nutzen durfte, und dann hielt auch noch ausgerechnet der Bundesverband der Deutschen Industrie eine Tagung in der Palastruine ab - und brachte diese in die Hauptausgabe der Tagesschau. Dem Verein die Genehmigung für eine Zwischennutzung zu versagen, wäre da nicht mehr begründbar gewesen.

Dennoch ist die Zwischennutzung kein Präjudiz für den Erhalt des Palastes und die Verhinderung des Schlosses. Niemand würde politisch durchsetzen können, den Palast gegen einen Bundestagsbeschluss wieder zu einem funktionsfähigen Bauwerk auszubauen. Und als begehbarer Rohbau hat er sicher seinen Reiz, der aber nach einer Saison auch erloschen sein dürfte. Zu unbequem sind die Verhältnisse, als dass man sich einen dauerhaften Kulturbetrieb dort vorstellen könnte.

Also wird der Palast planmäßig abgerissen werden und eine weitere Brache im Berliner Zentrum hinterlassen. Man sollte sie im Sinne Christoph Ingenhovens zu einem temporären „Central Park“ begrünen. Dieses Provisorium dürfte dann das dauerhaftere sein, denn für den Aufbau einer steinernen Schloss-Attrappe fehlt das Geld - zum Glück.

Benedikt Hotze


Zum Thema:

www.zwischenpalastnutzung.de


Zu den Baunetz Architekt*innen:

ingenhoven associates


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