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22.01.2011
Ich wünsche mir ein großes Atelier im Zentrum der Stadt
Bücher im BauNetz
Dieses Buch beginnt schon auf dem Cover. „Ich wünsche mir ein großes Atelier im Zentrum der Stadt“ ist der Beginn eines charmanten Monologs der Künstlerin Katharina Grosse, die in knappen Stakkato-Sätzen skizziert, wie sie zur Bauherrin wurde. „Bis vor ein paar Jahren hatte ich für mich das Bild konstruiert, keinen Wohnort zu brauchen. Die meiste Zeit verbrachte ich im Atelier oder unterwegs.“ Ihre Arbeitsorte waren zuvor typische Berliner Zwischennutzungen, in einer Tanzschule, in einem Supermarkt. 2007 dann dieser furiose Neubau von Augustin und Frank, ein roher Quader aus Sichtbeton, der noch das raue Profil der Schalungsbretter zeigt (siehe Artikel bei BauNetz Wissen Beton).
So, wie sich auch die Kunst von Katharina Grosse damit beschäftigt, Vorhandenes mit neuen Schichten zu überziehen und neue Verbindungen zu schaffen, so beginnt sie eben hier auch ihren Text bereits auf dem Umschlag. Es ist aber eines der vielen bemerkenswerten Dinge an dieser Publikation, dass sie eben einer sehr persönlichen Ansprache der Bauherrin und Nutzerin beginnt. Die Architekten dieser „Ateliermaschine“ kommen in Person von Georg Augustin erst als Zweite zu Wort, ebenfalls mit einer präzisen und persönlichen Erläuterung ihrer Ideen.
Es ist eine herausragende Leistung dieses Buchs, gleichzeitig prächtig gestaltet und gleichzeitig wunderbar informativ zu sein. Das liegt auch an den hervorragenden Bildern, die das Haus nicht nur innen und außen dokumentieren, sondern auch im Gebrauch, als Atelier und als Wohnung; Details der Fenster und der Umgebung werden gezeigt, Tag- und Nachtansichten verglichen. Ein fast schon intimer Einblick in das Leben eines Neubaus, der nur auf den ersten Blick wie ein Affront gegen seine Umgebung wirkt. Je länger man die Bilder betrachtet, desto klarer treten die Bezüge zum Kontext und die feinen Details des schroffen Blocks hervor. Hinzu kommen die brillianten Texte, die aus dem ganzen Buch einen äußerst persönlichen, aber immer angenehmen Besuch des Hauses und seiner Bewohnerin machen. Beiträge von Philip Ursprung und Andreas Denk ordnen das Gebäude in den Berliner Architekturkontext ein, während Ulrich Loock und Laura Bieger sich um eine kunst- bzw. kulturhistorische Perspektive kümmern.
Insgesamt bietet das Buch eine tiefen und feinfühligen Einblick in die komplexe Entstehungsgeschichte eines der gelungensten Berliner Neubauprojekte der letzten Jahre. Dabei nimmt es erfreulicherweise Bilder und Texte als Informationsträger gleichermaßen ernst, so dass man das Gefühl bekommt, das kein Bild weggelassen und kein Wort mehr hinzugefügt werden sollte. Ein erstaunliches Buch, nicht zu dick, nicht zu dünn, sondern absolut präzise, gleichzeitig poetisch und völlig zu Recht 2009 als eines der „Schönsten deutschen Bücher“ ausgezeichnet.
(Florian Heilmeyer)
Katharina Grosse: „Ich wünsche mir ein großes Atelier im Zentrum der Stadt“
Lars Müller Publishers 2009
Hardcover, 17 x 23 cm
144 Seiten, 73 Abbildungen
30 Euro
www.lars-mueller-publishers.com
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