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17.01.2011

Mediatektur

Bücher im BauNetz


Der Architekt an sich hält recht wenig von dem, was so als „Medien-Architektur“ beschrieben wird; man denkt sofort an diese Sorte von Gebäuden, die tagsüber vor sich hin trauern, um nachts lästig zu blinken – voller aufmerksamkeitsheischender Werbefilmchen und -bildchen.
Und weil der Architekt an sich davon nichts hält, kümmert er sich um diesen immer noch recht neuen Bereich nicht oder nur ungern, sodass die immer größeren Bildschirme in den Innenstädten noch immer meist später als Fremdkörper auf ein vorhandenes Gebäude appliziert werden.

Was aber könnte passieren, wenn aus einer Verbindung von Medium und Architektur wirklich eine eigenständige Gestaltungsmethodik entstünde? Wenn die Technik nicht als nachträgliche Applikation, sondern als Grundlage des Entwurfs verstanden würde? Und wenn wir nicht nur über äußerlich aufgebrachte technische Systeme, sondern auch über die Gebäudetechnik insgesamt nachdenken würden: Wie viel  Gestaltungspotenzial schlummert hier noch?

Christoph Kronhagel, Autor von „Mediatektur – Die Gestaltung medial erweiterter Räume“, deutet dann auch schon mit seinem Untertitel an, dass es hier nicht um Fassadengestaltung, sondern um Raumgestaltung an sich geht. „Die Verbindung von Medien und Architektur bringt eine eigenständige Gestaltungsmethode hervor“, so Kronhagel. Die sieben Kapitel des Buchs sind allerdings keine präzise Definition einer solchen Methode, sondern eher ein persönlicher Erlebnisbericht bzw. eine Erkundung des weitreichenden Themas. Neben Essays anderer Autoren sind auch immer wieder Gespräche und Interviews zu finden, die Kronhagel etwa mit dem Medienkünstler Andree Verleger über dessen Gestaltung der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Peking 2008, oder mit Albert Speer über „Stadtplanung und Identitätsprozesse“ geführt hat.

Die Ich-Perspektive, die Kronhagel immer wieder zwischen die Beiträge legt, kann zwar manchmal etwas anstrengend werden, führt aber letztlich zu dem gewünschten Eindruck: Hier hat jemand eine lose Sammlung von Eindrücken und Perspektiven zum Thema zusammengetragen. An einigen Stellen hätte dem Buch wohl eine präzisere Definition des untersuchten Gegenstandes gut getan. Denn so endet es sogar mit einem Foto des Berliner Schlossplatzes als Grünfläche mit dem Hinweis: „Der Ort ist das Medium und der Rasen mit seinen Stegen die Tektur“. Gut, aber mit einer solchen Argumentation ließe sich nun wirklich jeder Raum, jeder Ort zum virtuellen Ort erklären, der aus mehr „Informationen“ besteht als dem Sichtbaren.

Andererseits führt diese sehr offene Sammlung aber auch zu so großartigen Fundstücken wie dem Artikel über die Geschichte der Mediatektur vom „Medienarchäologen“ Erkki Huhtamo oder Kronhagels Besuch bei der Witwe des Roboter-Künstlers Nicolas Schöffer in Paris. Ebenso finden sich lange Beschreibungen der Arbeiten von Architekten und Künstlern wie realities:united, Lab[au], Ned Kahn, Asymptote, Urbanscreen oder dem Atelier Brückner. „Mediatektur“ ist eine umfassende Sammlung, die nicht vollständig sein will, sondern die lieber Räume für Ideen und Gedanken zu diesem Thema aufmacht. Und das funktioniert prächtig. (Florian Heilmeyer)

Mediatektur – Die Gestaltung medial erweiterter Räume
Christoph Kronhagel
Springer Verlag, 2010
Deutsch, Hardcover, 25 x 17 cm, 448 Seiten
68,04 Euro


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