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31.08.2010
Endstation Sinnsucht
Der deutsche Pavillon in Venedig
Kaum ist der deutsche Biennale-Pavillon in diesem Jahr geöffnet, scheint er auch schon durchgefallen: Die großen Tageszeitungen schreiben von Enttäuschung, Banalität und Hausfrauenmanier, andere von Ärgernis und Beschämung – und geben damit in etwa wieder, was vor Ort zu hören war.
Was ist passiert? Angetreten waren die Kuratoren Cordula Rau, Eberhard Tröger und Ole W. Fischer („Walverwandtschaften München Zürich Boston“) mit dem urdeutschen Thema „Sehnsucht“ und hatten damit immerhin einen Wettbewerb mit 70 Einreichungen gewonnen. Sie wollten die emotionale Triebfeder der Architekten aufspüren und etwas Luftiges, Sinnliches in den deutschen Pavillon „Germania“ zaubern. Damit hatten sie die Latte hoch gelegt.
Wer jetzt nach Venedig in den Pavillon kommt, gelangt durch goldene Vorhänge hindurch in den Hauptraum, der mit roter Wandbespannung und gleichfarbigen Sesseln in einen „Salon“ verwandelt wurde, an der Wand eine Bordüre aus rund 180 DIN-A4-Skizzen. Laut Kuratoren ein Ort zum Verweilen und Austausch. Die vier Nebenräume sind jeweils als Kabinette inszeniert: in Weiß, in Schwarz, verspiegelt und mit Vorhang zum Lagunenblick.
So weit so gut – nur: Beim Besucher stellt sich schnell ein Gefühl von Leere ein. Alle Eingriffe wirken wie ein schöner Rahmen für etwas, das dann vergessen wurde. Nun hatten die Kuratoren ja von Beginn an klargestellt, wie sie den Begriff nicht verstanden haben möchten. Nicht bedeutungsschwanger, nicht retro, nicht Neuschwanstein und schon gar nicht national. Sondern mehr emotional, hieß es, mal sehen. Mancher hatte befürchtet, dass das schiefgeht, aber niemand hatte wirklich damit gerechnet, dass das Trio (später als Duo und ohne Boston) bis zuletzt nicht mehr zu bieten hat. Sicher auch nicht die 180 Architekten, die auf Anfrage ihre persönlichen Sehnsüchte als Bleistiftzeichnungen geliefert hatten: Fingerübungen, Skizzen, Kritzeleien, von humorvoll bis banal, die sich jetzt überraschend als Hauptausstellung wiederfanden.
Vielleicht ist das Ganze ja ein Missverständnis. Ein Missverständnis um den von den Kuratoren selbst gewählten Kerngedanken der Ausstellung, die Idee des Salons. Wenn die Kuratoren glaubten, das Wesen eines Salons bestehe in roter Wandfarbe, Eremitage-Hängung und bequemen Fauteuils, dann irrten sie. Ein Salon lebt vom Gastgeber, der seine Gäste inspiriert, aber auch lenkt, er lebt von seiner Haltung, die er kultiviert. Ziel, Auswahl, Substanz – das alles fehlt hier. Die Kuratoren haben sich aus der Affäre gezogen, sie bleiben unsichtbar. Sie haben das Haus entrümpelt, den Raum gemütlich eingerichtet, die Türen geöffnet, alle sind eingeladen und gekommen – aber der Gastgeber ist nicht da. Schade eigentlich.
Macht nichts, möchte man sagen, die anderen können es auch nicht besser, wie die Nachbarn Frankreich und – Schlusslicht in Sachen Substanz – Österreich auf dem Gelände zeigen. Nur war der Wein dort besser.
Jürgen Paul
Als Medienpartner hat BauNetz den Deutschen Beitrag in den vergangenen Monaten begleitet und in einer wöchentlichen Kolumne regelmäßig Gäste zum Thema „Sehnsucht“ zu Worte kommen lassen. Alles Weitere zur Biennale in unserem Venedig-Special
Was ist passiert? Angetreten waren die Kuratoren Cordula Rau, Eberhard Tröger und Ole W. Fischer („Walverwandtschaften München Zürich Boston“) mit dem urdeutschen Thema „Sehnsucht“ und hatten damit immerhin einen Wettbewerb mit 70 Einreichungen gewonnen. Sie wollten die emotionale Triebfeder der Architekten aufspüren und etwas Luftiges, Sinnliches in den deutschen Pavillon „Germania“ zaubern. Damit hatten sie die Latte hoch gelegt.
Wer jetzt nach Venedig in den Pavillon kommt, gelangt durch goldene Vorhänge hindurch in den Hauptraum, der mit roter Wandbespannung und gleichfarbigen Sesseln in einen „Salon“ verwandelt wurde, an der Wand eine Bordüre aus rund 180 DIN-A4-Skizzen. Laut Kuratoren ein Ort zum Verweilen und Austausch. Die vier Nebenräume sind jeweils als Kabinette inszeniert: in Weiß, in Schwarz, verspiegelt und mit Vorhang zum Lagunenblick.
So weit so gut – nur: Beim Besucher stellt sich schnell ein Gefühl von Leere ein. Alle Eingriffe wirken wie ein schöner Rahmen für etwas, das dann vergessen wurde. Nun hatten die Kuratoren ja von Beginn an klargestellt, wie sie den Begriff nicht verstanden haben möchten. Nicht bedeutungsschwanger, nicht retro, nicht Neuschwanstein und schon gar nicht national. Sondern mehr emotional, hieß es, mal sehen. Mancher hatte befürchtet, dass das schiefgeht, aber niemand hatte wirklich damit gerechnet, dass das Trio (später als Duo und ohne Boston) bis zuletzt nicht mehr zu bieten hat. Sicher auch nicht die 180 Architekten, die auf Anfrage ihre persönlichen Sehnsüchte als Bleistiftzeichnungen geliefert hatten: Fingerübungen, Skizzen, Kritzeleien, von humorvoll bis banal, die sich jetzt überraschend als Hauptausstellung wiederfanden.
Vielleicht ist das Ganze ja ein Missverständnis. Ein Missverständnis um den von den Kuratoren selbst gewählten Kerngedanken der Ausstellung, die Idee des Salons. Wenn die Kuratoren glaubten, das Wesen eines Salons bestehe in roter Wandfarbe, Eremitage-Hängung und bequemen Fauteuils, dann irrten sie. Ein Salon lebt vom Gastgeber, der seine Gäste inspiriert, aber auch lenkt, er lebt von seiner Haltung, die er kultiviert. Ziel, Auswahl, Substanz – das alles fehlt hier. Die Kuratoren haben sich aus der Affäre gezogen, sie bleiben unsichtbar. Sie haben das Haus entrümpelt, den Raum gemütlich eingerichtet, die Türen geöffnet, alle sind eingeladen und gekommen – aber der Gastgeber ist nicht da. Schade eigentlich.
Macht nichts, möchte man sagen, die anderen können es auch nicht besser, wie die Nachbarn Frankreich und – Schlusslicht in Sachen Substanz – Österreich auf dem Gelände zeigen. Nur war der Wein dort besser.
Jürgen Paul
Als Medienpartner hat BauNetz den Deutschen Beitrag in den vergangenen Monaten begleitet und in einer wöchentlichen Kolumne regelmäßig Gäste zum Thema „Sehnsucht“ zu Worte kommen lassen. Alles Weitere zur Biennale in unserem Venedig-Special
Zum Thema:
Coming soon: Unsere BAUNETZWOCHE zur Biennale folgt am Freitag
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