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27.04.2010
Das verräumlichte Kaleidoskop
BauNetz unterwegs: Eliasson-Ausstellung in Berlin
Gar nicht weit vom Martin-Gropius-Bau entfernt, in dem am Mittwoch die erste große Einzelausstellung von Olafur Eliasson in Berlin eröffnet wird, befindet sich eine der früheren Installationen des isländisch-dänischen Künstlers für die Hauptstadt: Am Canaris-Haus am Potsdamer Platz markieren seine Windspiegelwände an den Brandwänden Decken und Treppenhaus der abgerissenen Nachbargebäude.
Direkt nach dem Mauerfall kam Eliasson, damals noch Student an der Kunsthochschule in Kopenhagen, nach Berlin. Die „Unvorhersehbarkeit“ und Unfertigkeit der Stadt inspirieren ihn, hier ist Platz für künstlerische Experimente, hier erlebt er Kunst als Teil der gesellschaftlichen Auseinandersetzung – und wird selbst zum Protagonisten dieser sich neu entwickelnden Kunstszene.
Die Ausstellung „Innen Stadt Außen“ stellt die Stadt Berlin ins Zentrum von Eliassons Schaffen, seit Wochen begegnen wir hier – teils an ganz alltäglichen, teils an historisch aufgeladenen Orten – sorgfältig platzierten Fundstücken und veränderten Alltagsgegenständen: Sei es der „Blind Pavillon“ auf der Pfaueninsel, der uns „blind“ macht, wenn wir in seiner geometrischen Mitte stehen, seien es einzelne, wie vergessen wirkende und doch exakt platzierte „Spiegelfahrräder“, in denen sich ihre gegenüber liegenden architektonischen Bezugsobjekte (wie das Deutsche Theater) abbilden. Einer Brille ähnlich verweisen die beiden verspiegelten Räder dabei auf das bewusste Sehen, das Eliasson uns immer wieder neu beibringen und das er nicht den vereinheitlichenden Bildern von Konsum und Werbung überlassen will. Mit der Vernissage im Martin-Gropius-Bau – ein ganzer Tag von 10-24 Uhr bei freiem Eintritt – wird nun auch das „Innen“ vom „Außen“ öffentlich zugänglich.
Dabei verwandelt Eliasson den Martin-Gropius-Bau durch seine von Berlin inspirierte Kunst in eine Passage, wobei der „Passant“ immer wieder Teil der Kunstwerke wird beziehungsweise das Kunstwerk erst zum solchen macht – so beispielsweise bei den drei Installationen „Your uncertain shadow“, bei denen ein vervielfachter Schatten des Besuchers an der Wand erscheint. Das unterscheidet Eliassons Lichtkunst auch von der eines James Turrell oder Dan Flavin, in denen der Besucher meist reiner Betrachter eines „überwältigenden“ Kunstwerks bleibt.
Manche der Objekte in „Innen Stadt Außen“ kann man leicht auf die Stadt beziehen, wie etwa die großformatigen Gehwegplatten, die in den ersten Raum hineinführen. Bei vielen Installationen bleibt der Bezug zur Stadt jedoch weniger offensichtlich. Elisassons Spiel mit dem Museum als Präsentationsraum von Kunst und seiner Beziehung zur Stadt geht jedoch weiter: So erleben wir einen zum verräumlichten Kaleidoskop umgestalteten Lichthof, in dem wir das natürliche Schauspiel des Himmelslichts mit seinen vorbeiziehenden Wolken und seinen unterschiedlichen Stimmungen wie in einem „Mikroskop“ (so der Titel der Installation) erfahren können. Oder wir sehen andere interessierte Ausstellungsbesucher in einem dem Ausstellungsraum gegenüber liegenden Fenster – und entdecken uns beim näheren Hinschauen selbst („The curious Museum“).
Zum ungewöhnlichsten Erlebnis gehört am Ende sicherlich der Gang durch die Räume von „Your blind movement“: In einen dichten Farbnebel getaucht, verschwimmen räumliche Grenzen, es schwindet der Orientierungssinn, Licht und Farbe erhalten ungekannte materielle Qualitäten. Keine Frage: Nach einem Besuch von „Innen Stadt Außen“ sieht man die Stadt mit anderen Augen – am Ende des Sommers auch ohne verspiegelte Brille.
(Cordula Vielhauer)
Ausstellung: 28. April bis 9. August 2010, täglich 10–20 Uhr
Eröffnung: 28. April 2010, 10-24 Uhr, an diesem Tag freier Eintritt
Lange Gropius-Bau-Nächte: 28. April bis 1. Mai, 10-24 Uhr
Ort: Martin-Gropius-Bau Berlin, Niederkirchnerstraße 7 / Ecke Stresemannstraße 110 , 10963 Berlin
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