24.02.2022

Fokus Sant’Elena

AKT und Hermann Czech gestalten österreichischen Biennale-Beitrag für 2023

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Ein temporärer Hintereingang soll den österreichischen Pavillon zur Hälfte vom angrenzenden Stadtviertel Sant’Elena aus erschließen, dessen Lebenswelt zum Gegenstand der Architekturbiennale wird.

Die Biennale ist zwar seit mehr als einem Jahrhundert in Venedig beheimatet, trotzdem bietet die Stadt oft kaum mehr als eine hübsche Kulisse für die Selbstdarstellung ihrer internationalen Gäste. Und die Giardini, die einst als öffentlicher Raum gedacht waren, sind für einen Großteil des Jahres nur mit einem Ticket zugänglich. Beide Aspekte will der österreichische Beitrag für die Architekturbiennale 2023 adressieren. Vergangene Woche wurde er von dem ungewöhnlichen Team bestehend aus dem experimentellen Kollektiv AKT und dem Wiener Altmeister Hermann Czech vorgestellt.

Er trägt den programmatischen Titel „Beteiligung / Participation“ und verwandelt den Ausstellungspavillon in einen Ort der Beteiligung und des Austauschs. AKT und Czech nutzen hierfür die Lage des Gebäudes am nordöstlichen Rand des Biennale-Geländes. Von einer Mauer abgeriegelt, grenzt dieses an den Stadtteil Sant'Elena, der zu den ursprünglichsten, aber auch am meisten benachteiligten Nachbarschaften Venedigs gehört. Mit einem neuen Zugang in der Mauer soll nun der Pavillon für die Menschen des Viertels geöffnet werden. Lokale Initiativen sollen ihn beispielsweise als Versammlungsort nutzen können.

Die Grenzlinie zwischen Biennale-Gelände und seiner Umgebung verschwindet allerdings nicht, sondern wird in den Pavillon hinein verschoben. Dort soll eine schräg eingestellte Wand den größeren Teil des Gebäudes für die Bewohner*innen vom kleineren Teil für die Biennale-Besucher*innen trennen. Letztere werden hier über den Stadtteil Sant'Elena und seine Lebenswelt ebenso wie über das Konzept von AKT und Czech informiert. Die beiden gegensätzlichen Nutzer*innen-Gruppen können die Seiten zwar nicht wechseln, sich aber sehr wohl sehen und hören. So soll aus Abschottung erlebbare Nähe werden. Damit verwandelt sich der Pavillon zugleich in eine Art räumliche Metapher für Unterscheidungen zwischen „öffentlich – privat, zugänglich – nicht zugänglich oder gemeinschaftlich – individuell“. Ein Veranstaltungsprogramm, das AKT und Czech mit Gruppen und Institutionen aus Sant'Elena konzipieren, soll außerdem für tatsächlichen Austausch sorgen und zugleich neue Perspektiven für den strukturschwachen Stadtteil eröffnen.

Damit das Projekt mit seiner partizipativen Komponente ein Erfolg werden kann, ist die fruchtbare Zusammenarbeit mit den Akteuren vor Ort entscheidend. Als hilfreich dürfte sich da erweisen, dass das österreichische Team schon jetzt – über ein Jahr vor der Eröffnung der Biennale unter Leitung von Lesley Lokko – die Arbeit bereits begonnen hat. Deutschland hingegen sucht gerade erst sein Team. Bewerbungen können noch bis 21. März 2022 beim Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung eingereicht werden, eine Entscheidung ist nicht vor Ende Juni zu erwarten. (sb)