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Wie lange soll der Planer seine Unterlagen aufbewahren?

Bei der Frage, wie lange Planer Unterlagen eines Bauvorhabens aufbewahren sollen, sind verschiedene gesetzliche Vorschriften, aber auch weitere Gesichtspunkte zu beachten. Vor Ablauf von 10 Jahren sollten Unterlagen keinesfalls entsorgt werden.

Hinweis
Hintergründe für die Aufbewahrung von (ggf. digitalisierten) Unterlagen, sind insbesondere
 
1. Verfolgung eigener Honoraransprüche
2. Verfolgung eigener urheberrechtlicher Ansprüche
3. Abwehr von Gewährleistungsansprüchen des Bauherrn
4. Herausgabeansprüche des Bauherrn
5. Pflichten gegenüber dem Finanzamt


I.  Gründe für die Aufbewahrung

1. Geltendmachung eigener Honoraransprüche

Die Aufbewahrung sämtlicher Unterlagen eines Projekts zur Geltendmachung von Honoraransprüchen ist empfehlenswert. Zu beachten ist, dass in Honorarprozessen heutzutage häufig um die Frage gekämpft wird, ob der Architekt auch alle Leistungen erbracht habe. Gerade wenn der Planer sämtliche gemäß HOAI vorgesehenen Prozentpunkten (z. B. Hochbau Lph. 1-8 = 97%) abrechnen will, so tut er nicht nur gut daran, alle seine Leistungen ordentlich zu dokumentieren, sondern diese Dokumentation dann auch aufzubewahren (vgl. Haftung/unvollständige Teilleistungen).

Zur Geltendmachung von Honoraransprüchen sollten Unterlagen mindestens solange aufgehoben werden, wie Honoraransprüche geltend gemacht werden können; dies ist grundsätzlich jedenfalls bis zum Ablauf der Verjährungsfrist für Honoraransprüche möglich.

Die Verjährungsfrist von Honoraransprüchen beträgt 3 Jahre. Sie beginnt gemäß §§ 195, 199 BGB grundsätzlich mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Weitere Voraussetzung für den Beginn der Verjährungsfrist ist die Fälligkeit des Honoraranspruches und damit eine prüfbare Honorarschlussrechnung (vgl. unter Honoraranspruch/Fälligkeit/Schlussrechnung). Allerdings tritt die Fälligkeit einer unprüfbaren Schlussrechnung auch nach rügelosem Ablauf von 2 Monaten ein, womit ebenfalls die Verjährung beginnt (vgl. z. B. OLG Brandenburg, Urteil vom 23.08.2006).

Allgemein ist im Hinblick auf Verjährungsfristen auch ein wenig Vorsicht geboten: Zum einen können Ansprüche aufgrund verschiedener Umstände (Hemmung/Unterbrechung) auch nach Ablauf der ursprünglichen Frist noch nicht verjährt sein, zum anderen kann man auch verjährte Ansprüche gegenüber Gegenansprüchen aufrechnen, insbesondere Gewährleistungsansprüchen (insofern sind hier gegebenenfalls wieder die Aufbewahrungsempfehlungen für die Abwehr von Gewährleistungsansprüchen zu berücksichtigen, siehe unter 3.).

2. Eigene Urheberrechtliche Ansprüche

Urheberrechtliche Ansprüche verjähren gemäß § 64 UrhG erst 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers.

Zu beachten ist zwar, dass nicht jeder Entwurf und jedes Bauwerk urheberrechtsgeschützt ist. Vielmehr bedarf es hierfür eines erheblichen Grades an Individualität und Gestaltungshöhe (vgl. Urheberrecht / Schutzvoraussetzungen). Für Fälle eines urheberrechtsschutzfähigen Werkes ist aber geboten, Unterlagen zu dem Werk sorgfältig aufzubewahren. Zum Nachweis der Urheberrechtsschutzfähigkeit ist es durchaus tunlich, auch Zeitungsberichte oder sonstige Besprechungen des Werkes aufzuheben. Ist das Werk unter Einbeziehung weiterer Planer entstanden, ist empfehlenswert, insbesondere auch Unterlagen zur Entstehung des Werkes aufzubewahren, damit später der Nachweis einer (Mit-) Urheberschaft möglich wird (vgl. z. B. OLG Hamm, Urteil vom 08.09.2011). Da – wie gesagt – das Urheberrecht an die Erben übergeht, gilt für die Erben oben Gesagtes entsprechend.

3. Aufbewahrung zur Abwehr von Gewährleistungsansprüchen

Für die Abwehr von Gewährleistungsansprüchen gilt – ähnlich wie für die Geltendmachung von Honoraransprüchen –, dass die Aufbewahrung jedenfalls solange sinnvoll ist, als dass Gewährleistungsansprüche des Bauherrn nicht verjährt sind. Auch hier ist entsprechend zu beachten, dass der Zeitraum, in dem Gewährleistungsansprüche unverjährt geltend gemacht werden können, durch Hemmung/Unterbrechung verlängert werden kann (z. B. durch einen laufenden Prozess).

Die regelmäßige Verjährungsfrist für Gewährleistungsansprüche beträgt nach § 634 a BGB betreffend Bauwerke 5 Jahre (Freianlagen u. U. nur 2 Jahre). Die Verjährungsfristen beginnen grundsätzlich erst mit der Abnahme der Planerleistung an zu laufen, d. h. nicht ohne weiteres mit Abschluss des Bauvorhabens. In der Regel ist deshalb dem Planer zu empfehlen, selber eine Abnahme seiner Leistungen herbeizuführen (vgl. Tipps & Mehr/Vertrag/Abnahme).

Hat der Architekt auch Leistungsphase 9 beauftragt erhalten, so beginnt die Verjährung etwaiger Gewährleistungsansprüche aus dem gesamten Bauvorhaben – wenn nichts besonderes vereinbart ist – erst nach Ablauf der Leistungsphase 9 (womit schnell 10 Jahre nach Bauwerkfertigstellung vergangen sind, vgl. z. B. OLG Dresden, Urteil vom 17.06.2010). Hier ist die Vereinbarung einer Verpflichtung des Bauherrn zur Teilabnahme des Leistungsphasen 1 - 8 sinnvoll (vgl. auch unser Vertragsmuster).

Darüber hinaus sind Haftungsansprüche aus der Verletzung von Nebenansprüchen zu beachten: Diese verjähren innerhalb von 3 Jahren, allerdings erst ab Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis der Umstände, die den Schadensersatzanspruch begründen, spätestens grundsätzlich nach 10 Jahren (im Ausnahmefall erst nach 30 Jahren).

4. Aufbewahrung wegen Herausgabeansprüchen des Bauherrn

An einigen Unterlagen für ein Bauvorhaben hat der Bauherr nach allgemeiner Ansicht Eigentum; hierzu gehören insbesondere

- Baugenehmigung
- Leistungsverzeichnisse
- Bauverträge
- Katasterpläne
- statische Berechnungen
- Gutachten
- Grundbuchauszüge
- Prüfbescheid des Prüfingenieurs
- Energieausweis
- Unterlagen des Bauherrn, die dieser dem Planer zur Erbringung seiner Leistung übergibt (z. B. Bestandspläne etc.).

Im Eigentum des Architekten verbleiben grundsätzlich Originalpläne, eigene Zeichnungen und Entwürfe, das eigene Exemplar des Architektenvertrages, Schriftverkehr.
Die Herausgabeansprüche aus dem Eigentum des Bauherrn verjähren nach 30 Jahren (§ 197 BGB).
In Anbetracht dieser langen Frist empfiehlt es sich, dass der Architekt dem Bauherrn die in dessen Eigentum befindlichen Unterlagen nach Abschluss des Bauvorhabens übergibt. Der Architekt sollte den Nachweis des Zugangs der Unterlagen beim Bauherrn vorsorglich nachweisbar gestalten.
Hilfreich können auch Formulierungen im Architektenvertrag sein, wonach der Architekt nach entsprechend nachweisbarem Angebot der Übergabe die Unterlagen jedenfalls nicht länger als 10 Jahre aufzubewahren hat.
Betreffend derjenigen Unterlagen, die im Eigentum des Architekten stehen, aber für das Bauvorhaben bzw. für den Bauherrn gefertigt wurden, hat der Bauherr einen vertraglichen Herausgabeanspruch. In der Regel wird dieser durch die Übergabe der entsprechenden Unterlagen während des Bauvorhabens ohnehin erfüllt. Betreffend noch nicht herausgegebener Unterlagen verjährt die Herausgabepflicht grundsätzlich in 3 Jahren ab Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis, spätestens jedoch nach 10 Jahren.

5. Steuerliche Aufbewahrungspflichten

Die derzeitige steuerliche Aufbewahrungspflicht beträgt 10 Jahre (vgl. § 147 AO). Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass sich diese steuerliche Aufbewahrungspflicht in den kommenden Jahren etwas verkürzt. Aufzubewahren sind insbesondere Inventare, Buchungsbelege, Jahresabschlüsse, Eröffnungsbilanzen, Lageberichte, Bücher und Aufzeichnungen. Die steuerliche Aufbewahrungsfrist beginnt mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die letzte Eintragung in die Unterlage gemacht wurde.

 
II. Zusammenfassung

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass eine Vernichtung von Unterlagen vor dem Ablauf von (mind.) 10 Jahren keinesfalls zu empfehlen ist. Die 10 Jahre beginnen frühestens mit dem - auch bürointernen - Abschluss eines Auftrages.
Macht man sich vorstehende Regel zu eigen, so hat man damit in der Regel abgedeckt die Geltendmachung der eigenen Honoraransprüche, die Abwehr von Gewährleistungsansprüchen sowie die steuerliche Aufbewahrungsfrist. Befinden sich nach 10 Jahren noch Unterlagen in den Händen des Planers, die im Eigentum des Bauherrn stehen, so sollten ihm diese – wenn keine besondere Regelung im Vertrag getroffen wurde (s. o.) – nachweisbar angeboten werden. Nur wenn der Bauherr die Unterlagen eindeutig zur Vernichtung freigibt, können diese entsorgt werden.
Darüber hinaus hat der Planer die Besonderheit der Verjährung gemäß Urhebergesetz für den Fall zu beachten, dass er sein eigenes Werk für urheberrechtsschutzfähig hält.
Auch nach Ablauf der entsprechenden Fristen sind Unterlagen natürlich erst zu vernichten, wenn nicht ein besonderer aktueller Anlass dagegen spricht, u. a. laufende Gerichtsverfahren oder steuerliche Verfahren.

Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck