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17.05.2017

Frankfurter Umbau

Wohnen im Philosophicum von Stefan Forster


Für rund 20 Euro Kaltmiete kann man in Frankfurt jetzt in eines der herausragenden Denkmäler der Nachkriegsarchitektur einziehen. Die RMW Wohnungsgesellschaft Frankfurt hat Ferdinand Kramers Philosophicum auf dem ehemaligen Universitätsgelände in Bockenheim zum Apartmenthaus umgebaut, es beherbergt nun 238 Wohnungen von 21 bis 41 Quadratmetern Größe und wird als „The Flag Bockenheim“ vermarktet. Verantwortlich für den Umbau des Institutsgebäudes der geisteswissenschaftlichen Fakultäten ist das Frankfurter Büro Stefan Forster Architekten. Forster hat die schmale Hochhausscheibe mit dem außenliegenden Stahlskelett nicht nur saniert, sondern auch um einen Anbau zur Gräfstraße ergänzt. Die neue, fünfgeschossige Erweiterung nimmt Höhe und Bauflucht der umgebenden Vorkriegsaltbauten auf und umfasst den von der Straße zurückgesetzten Altbau teilweise.

Mit dem Einzug der ersten Mieter geht ein kontroverses Kapitel in der Geschichte des 1960 vom damaligen Universitätsbaudirektor Kramer fertiggestellten Philosophicums zu Ende. Mehrere Jahre war um die Nutzung gerungen worden, nachdem die Uni-Institute 2001 das Gebäude in Richtung des IG-Farben-Baus auf dem neuen Campus Westend verlassen und das Land Hessen es an eine städtische Wohnungsbaugesellschaft verkauft hatte. Zeitweise drohte sogar der Abriss, weil ein Umbau als nicht wirtschaftlich galt. Das Haus war in schlechtem Zustand, war von der Universität vernachlässigt worden und stand lange leer. Erst das Engagement mehrere privater Initiativen brachte die Wende, die Projektgruppe Philosophicum setzte sich schließlich mit ihrem Konzept für erschwinglichen Wohnraum durch und konnte das Haus von der Stadt erwerben. Doch der Deal platzte – warum, darüber gehen die Aussagen der Beteiligten auseinander – und der private Investor Rudolf Muhr mit seiner RMW Wohnungsgesellschaft kam zum Zug. Vom idealistischen Ansatz der Bürgerinitiative blieb eine Kita im Erdgeschoss übrig.

Durch die Erweiterung von Stefan Forster Architekten entsteht nicht nur zusätzliche Nutzfläche. Kramers 80 Meter langer und nur rund zehn Meter schmaler Stahlskelettbau tritt damit auch in die zweite Reihe zurück, denn die Fassade an der Gräfstraße mit den beiden markanten Erschließungstürmen verschwindet bis zum fünften Obergeschoss hinter dem neuen Baukörper. „Die Architekten verstehen das Grundkonzept zunächst als Kritik an der städtebaulichen Haltung des Hauses“, heißt es dazu in der Pressemitteilung des Büros. „Auf dem nur wenige Meter schmalen, zudem spitz zulaufenden Grundstücksstreifen entlang der Straße ergänzten sie einen Riegel, der die Abwendung des Bestandsbaus vom Straßenraum korrigiert und ihn mit diesem verbindet. Der Neubau nimmt die Höhe des bestehenden Blockrandes auf und schließt diesen, so dass ein funktionierender Stadtraum entsteht.“

Der Neubau setzt sich mit einer Fassade aus Backstein, Betonelementen und stehenden Fensterformaten sichtlich vom Altbau ab. Dessen Metallfassade wiederum haben die Architekten in Abstimmung mit dem Denkmalamt komplett erneuert, optisch möglichst nah am Original, das nicht auf heutige energetische Standards aufzurüsten war. Die dünne Haut hatten den Nutzern schon zu Uni-Zeiten zu schaffen gemacht, im Winter waren die Seminar- und Bibliotheksräume zu kalt und im Sommer zu heiß gewesen. Einige der Besonderheiten von Ferdinand Kramers funktionalistischem Pionierbau – das Philosophicum war eines der ersten Gebäude mit außenliegendem Stahlskelett in Europa – konnten sich Stefan Forster Architekten beim Umbau jedoch zu Nutze machen. Etwa die Erschließung in den beiden an der Scheibe angesetzten Türmen, über die die Mieter nun nicht nur den Alt-, sondern auch den Neubau erreichen. Dank der Skelettbauweise des „Montagebaus“ (Kramer) blieben die Geschosse zudem stützenfrei und damit flexibel für andere Nutzungen. 

von Jasmin Jouhar

Fotos: Lisa Farkas




Zum Thema:

Eine ausführliche Besprechung findet sich diese Woche in der aktuellen Bauwelt.


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