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19.08.2015
Rund aus der Rotunde
Thun-Panorama von Graber und Steiger erweitert
Der Anbau an einen markanten Bestandsbau fällt häufig schwer. Oft sogar so schwer, dass man lieber darauf verzichten möchte. So ging es 2009 der Jury beim Anblick der Wettbewerbsergebnisse zur Erweiterung der Rotunde von Karl Keller im Schadaupark der Stadt Thun in der Schweiz. Der mit Backstein ausgefachte Betonskelettbau wurde 1953 bis 1961 errichtet und enthält das älteste erhaltene Stadtpanorama der Welt. Anfang des 19. Jahrhunderts porträtierte der Maler Marquard Wocher eine so harmonische Stadtlandschaft, dass man ihr und ihrer eleganten Hülle architektonischen Respekt nicht verwehren kann.
Dem Büro Graber und Steiger Architekten aus Luzern gelang die Lösung der Erweiterungsaufgabe schließlich. Der flache Anbau besitzt eine Betondecke, die auf Höhe der Unterkante vom Panoramaraum an das sichtbare Betonskelett der Backsteinrotunde anschließt. Der Besucher wird durch die konkave Form der Glasfassade zum Eingang am Anschluss zum Bestand geleitet. Im beheizbaren Innenraum findet er Kasse, Shop, Café und Veranstaltungssaal vor.
Die Architekten bündelten die Nebennutzungen im „Infrastrukturkern“. Dieser zoniert zugleich den Raum und ist „strukturelles Rückgrat“ in dem die astförmigen Unterzüge der Deckenkonstruktion zusammenlaufen. Somit konnte die gläserne Hülle filigran in freier Form ausgeführt werden. Diese „Trennung von primären, sekundären und tertiären Bauteilen“ ermöglicht einen nachhaltigen Lebenszyklus des Gebäudes. Trotz der Transparenz hält die dreifach verglaste Hülle in Kombination mit einer Grundwasserwärmepumpe Niedrigenergiestandards ein.
Mit ihrem statischen Konzept kehren die Architekten das Prinzip der Rotunde um. Keller hatte die Konstruktion des radialen Betonskeletts als introvertierte Hülle angelegt. Die Kunststoffkuppel sorgt für natürliche Belichtung. Da das Original inzwischen blind geworden war, wurde es von Graber und Steiger durch eine visuell identische und besser isolierte Kuppel ersetzt, die nun auch LED-Beleuchtung für die Dämmerungszeit integriert. Auf eine thermische Isolierung des Bestands verzichtete man, lediglich die Luftfeuchtigkeit wird aus Respekt vor dem Gemälde reguliert.
Konstruktiv wie funktionell bietet der Anbau, was die Rotunde allein nicht leisten kann. Die Architekten nennen es eine „symbiotische Koexistenz“, denn durch die neuen Funktionen wird das Denkmal „attraktiviert“ und in seiner Wahrnehmbarkeit gestärkt. (dd)
Fotos: Dominque Marc Wehrli
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